The Life and Death of Peter Sellers
Gewitzte und amüsante biografische Tragikomödie um den legendären Schauspieler ("Dr. Seltsam"), die mit Aufwand zwischen verschiedenen Ebenen der Fiktion und Realität switcht.
Mit beeindruckender Wandlungsfähigkeit verkörpert Geoffrey Rush den Komödianten mit der charakteristischen Hornbrille und begleitet ihn über eine Epoche, die von seinem schauspielerischen Durchbruch bis zum Ende seiner Schaffenszeit reicht - der titelgebende "Tod" Sellers wird so gar nicht gezeigt.
Gegenstand ist sein Schaffen auf der Leinwand ebenso wie freudige Ereignisse und Schicksalsschläge im aufwühlenden Privatleben. Bezeichnenderweise spielt Regisseur Stephen Hopkins damit, dass seine Titelfigur sein Leben zurechtbiegt wie ein Kind - harte Zeiten wie die Scheidung von der ersten Frau oder der Tod der Mutter werden ironisch aufgebrochen, indem die ernste Szene plötzlich als gestellt entlarvt wird - Filmkulissen kommen zum Vorschein, die Frau oder Mutter dreht sich zur Kamera um und entpuppt sich plötzlich als Sellers, der mit Perücke die Menschen nachäfft, die ihm am nächsten stehen. Das Spiel mit den doppelten Böden und das Vortäuschen von Tatsachen erinnert mitunter stark an den ähnlich gestrickten "Mondmann", in dem Jim Carrey dem Entertainer Andy Kaufman sein gesicht leiht.
Leider bleibt die Aussage hinter dem Metaebenen-Spiel - Sellers versteckt sich vor der Realität, indem er sich hinter seinen komischen Rollen versteckt - zu unpsychologisch und die Chronologie der gezeigten Ereignisse ist viel zu unreflektiert, um gänzlich zu überzeugen. Dennoch eine unterhaltsame Biografie voller verrückter Einfälle.
Attentat auf Richard Nixon
Einfühlsame, intelligente Psychostudie mit einem - mal wieder - überragenden Sean Penn und einem nicht minder formidablen Supportcast. Ganz stark, wie die Beweggründe des Sam Bicke analysiert und in einen größeren Zusammenhang gesetzt werden. Als Statement nicht ganz so ausdrucksstark wie der vergleichbare "Taxi Driver", aber auf psychologischer Ebene mindestens gleichwertig.
Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Guiseppe Baldini (Dustin Hoffman) erzählt seinem Schüler Jean-Baptiste Grenouille (Ben Wishaw) eine Legende und muß ihm anschließend noch erklären, was eine Legende überhaupt ist - vielleicht ist das der Schlüssel, um "Das Parfüm" richtig einzuordnen.
Ich genieße die Freiheit, Quervergleiche zum Roman in Unkenntnis desselben nicht ziehen zu müssen. Glücklicherweise hat Tom Tykwers Arbeit genug Persönlichkeit, um für sich selbst stehen zu können. "Das Parfüm" ist als Legende zu verstehen - Übertreibungen, Ausschmückungen, Zurechtbiegungen, wohin man sieht. Vieles, was ins Lächerliche abdriften könnte (Die Szene am Marktplatz), tut es nicht unbedingt, denn immerhin handelt es sich nur um eine alte Sage - eine Geschichte, die die Menschen in oraler Kommunikation weitergeben. Hier muss nicht alles den Tatsachen entsprechen, es sollte nur eine gute Geschichte abgeben.
Die Qualität eines Parfums lässt sich laut Guiseppe Baldini nach drei Akkorden einordnen: Kopf-Akkord (der erste Eindruck, er verfliegt schnell), Herz-Akkord (das "Thema" des Parfums, das mehrere Stunden anhält), Basis-Akkord ("Nachklang" des Parfums, der einige Tage anhält).
Der
Kopf-Akkord des Films: Seine Optik. Ein brillanter Eindruck erschließt sich selbst dem Zuschauer, der über Kostümfilme ansonsten die Nase rümpft. Die Geburt Grenouilles auf dem Fischmarkt ist an Intensität nur schwer zu überbieten, das Produktionsdesign verfügt über eine einzigartige Note - ein visuell wahnsinnig starkes cineastisches Epos.
Der
Herz-Akkord des Films: Seine Handlung. Obwohl stets interessant und manchmal geradezu herausfordernd (man möchte mit ganzem Herzen, dass Grenouille seinem hochnäsigen Meister eine Lektion in Sachen Parfummischung erteilt), bleibt es insgesamt doch zu linear, wie ein akzidentielles Road Movie, dem Grenouille folgt. Die Psychologie der Hauptfigur wird ruckartig und unsensibel in den Film gebracht.
Der
Basis-Akkord des Films: Seine nachhaltige Wirkung. Es galt das Unmögliche zu vollbringen, innerhalb eines visuellen Mediums den Geruchssinn zu stimulieren - eine fast unmögliche Aufgabe. Daher auch das "unverfilmbar"-Prädikat des Romans, wobei: Schließlich ist ja auch ein Buch ein visuelles und kein kein olfaktorisches Medium. Die Aufgabe wurde mehr oder weniger zufriedenstellend gelöst, doch was bleibt? Die Geschichte eines Mannes, der die Welt über den Geruchssinn erfährt. Ist das faszinierend genug, um über die filmischen Grenzen hinaus zu beschäftigen? Nicht unbedingt. "Das Parfum" dient letztlich eher dem Amusement einer unterhaltsamen Geschichte, eben Legende, denn weiterführendem Gedankengut mit selbstreflexivem Potenzial. Letztendlich Kabarett über den Menschen und die Abhängigkeit von seinen Sinnen, nichts weiter - auch wenn es gerne mehr gewesen wäre.
(noch)
Breaking News
80 Minuten Volldampf. Eine abrupte Schießerei eröffnet Johnnie Tos Reigen aus Rundum-Action und hektischer Medienkritik. Eine Geiselnahme in einem Wohnblock ist Zentrum eines stylish in grüngrau-blau gehaltenen modernen HK-Actioners voller Affekte. Aktion und Reaktion, schnelles Handeln und zweckmäßige, reduzierte Kommunikation sind die Eckpfeiler des Films, der sich alle Mühe gibt, die in Zelluloid gegossene Kritik an der hochmodernisierten Gesellschaft zu sein.
Dabei bleiben die Strukturen viel zu simpel und weit unter den Möglichkeiten, die To zur Verfügung gehabt hätte. Ein Pulk von Reportern mit blitzenden Fotoapparaten an der Polizeiabsperrung und eine hochemanzipierte Ermittlerin im Hi-Tech-Lieferwagen reichen nicht aus, um den Anforderungen zu gereichen. Die Persönlichkeit der Charaktere zollt dem hohen Tempo Tribut, identifizieren kann man sich weder mit Täter noch mit Opfer. Zudem sind die Dialoge nicht immer glücklich, verlieren sich hier und da mal an die unfreiwillige Komik.
Die technisch gute Umsetzung und die interessante Idee können nicht verhindern, dass "Breaking News" schließlich doch in die Mittelmäßigkeit abrutscht. Johnnie To hat schon bessere Filme gedreht.