In Deiner Haut (aka "the Secret")

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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StS
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In Deiner Haut (aka "the Secret")

Beitrag von StS » 30.09.2010, 20:03

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Originaltitel: Si j'étais toi
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2007
Regie: Vincent Perez
Produzent: u.a. Luc Besson
Darsteller: Olivia Thirlby, David Duchovny, Lili Taylor, Brendan Sexton, Jane Wheeler, …

Trailer:
http://www.cinemovies.fr/fiche_multimed ... Dfilm=8494


„Si j'étais toi“ (übersetzt: „Wenn ich Du wäre“) ist ein französisches Drama aus dem Jahre 2007, das eine spezielle übernatürliche Komponente als Ausgangsbasis und Katalysator seiner erzählten Geschichte nutzt sowie vom Schweizer Vincent Perez mit einem amerikanischen Hauptdarsteller-Trio im kanadischen Montreal in Szene gesetzt wurde – und das basierend auf dem japanischen Film „Himitsu“, in dessen Gestalt Yôjirô Takita 1999 den gleichnamigen Roman Keigo Higashinos adaptiert hatte. Hierzulande unter dem Titel „In Deiner Haut“ erschienen, dürfte der abseits des Mainstreams zu verortende Streifen einigen allerdings eher als „the Secret“ bekannt sein – so wie man ihn in den USA benannt hat…

Als Augenarzt ist es Benjamin Marris (David Duchovny) möglich, sich und seiner Familie, in deren Rahmen er glücklich mit seiner großen Liebe Hannah (Lili Taylor) verheiratet sowie stolzer Vater ihrer gemeinsamen Tochter Samantha (Olivia Thirlby) ist, ein gutes Leben zu offerieren, komplett mit einem schönen Haus in einer netten Vorstadtgegend – ein zu gleichen Teilen beneidens- wie erstrebenswertes Dasein also, welches er zu führen vermag. Sam ist 16 Jahre jung, bildhübsch und intelligent – macht aber gerade (wie die meisten Teenager in jenem Alter) eine schwierige Phase durch, die von rebellischem Verhalten geprägt ist und in welcher sie sich zunehmend von ihren Eltern (insbesondere von ihrer Mutter) zu distanzieren versucht, um nicht weiter als „Kind“ behandelt zu werden sowie um zu einer eigenen Identität zu finden. Wie so oft ist es jedoch nur ein einziger Augenblick, der einfach alles mit einem Mal verändert: Während einer Fahrt auf einem ländlichen Highway verliert Hannah, einem ablenkenden Streit mit Sam folgend, plötzlich die Kontrolle über den Wagen – worauf dieser einen entgegenkommenden Truck streift, über die Seitenbegrenzung hinweg schleudert sowie sich anschließend mehrfach überschlägt, bevor er zum letztlich zum Stillstand gelangt…

Zügig werden die schwer verletzten Frauen in eine Klinik eingeliefert, wo Ben, der sie auf dem betreffenden Trip nicht begleitet hatte, wenig später ebenfalls eintrifft und seine Liebsten (bewusstlos, vom Zustand her aber einigermaßen stabilisiert) Seite an Seite in einem Krankenzimmer liegend vorfindet. Unmittelbar nachdem Hannah wieder zu sich kommt, muss sie allerdings miterleben, wie Sam auf einmal (neben ihr) kollabiert: Verzweifelt ergreift sie die Hand ihrer Tochter – verstirbt dann jedoch selbst, als die herbeigeeilten Ärzte jenen Griff erneut lösen. Trotz redlicher Bemühungen kann man sie nicht mehr retten – wohl aber Sam, die nach etlichen Minuten überraschend wieder zu Bewusstsein gelangt. Die Sache ist nur, dass jene von da an entschieden behauptet, in Wahrheit Hannah zu sein! Zu Beginn gehen Ben und die Mediziner davon aus, dass es sich dabei nur um ein vorübergehendes Trauma handelt – bloß weiß „Sam“ nun (u.a.) von Dingen und Details, die ihr eigentlich gar nicht bekannt sein dürften: Kann es wirklich sein, dass Hannah´s Seele in ihren Körper übergegangen ist? Und wenn ja, wie ist so etwas überhaupt möglich – und was ist im Gegenzug aus der Sams geworden? Aufgrund ihres Wissens, ihrer Worte und Reaktionen dauert es im Folgenden allerdings nicht lange, bis Ben ihr irgendwann tatsächlich Glauben schenkt – dass diese entstandene Situation jedoch ein komplexes Dilemma markiert, ist beiden natürlich auf Anhieb (unmissverständlich) bewusst…

Der Titel „the Secret“ bezieht sich darauf, dass das offenbar Geschehene (über die anfänglichen Gespräche im Krankenhaus hinaus) nicht weiter „nach außen“ getragen wird: Es bleibt ihr Geheimnis – und so führt Hannah auch schon bald den Alltag ihrer Tochter fort, quasi um die Zeit bis zu ihrer „Rückkehr“ (von der instinktiv einfach mal ausgegangen wird) für sie zu überbrücken, ohne dass ihr daraus etwaige Nachteile resultieren. Unweigerlich fällt es ihr eingangs schwer, in Sam´s Fußstapfen zu treten, nicht nur weil der „Mikrokosmos High-School“ für einen Erwachsenen (gewiss) einen sehr befremdlichen Ort darstellt – ganz zu schweigen von der Konfrontation mit den an den Tag gelegten bzw. gelebten Einstellungen und Verhaltensweisen der heutigen Jugend. Es sind aber nicht nur Kleinigkeiten wie eine ihr unbekannte Spind-Kombination oder die Befürchtung, mit dem bisherigen Lernniveau Sams nicht mithalten zu können – sondern auch gravierendere Erkenntnisse, wie dass jene wohl heimlich Drogen nahm oder sich parallel zugleich mit zwei jungen Männern traf. Durch das Finden und Lesen von Sam´s Tagebuch wird ihr schließlich so einiges klarer – die erhaltene Einsicht in die Gedankenwelt des Teens lässt sie jene leichter nachvollziehen. Immer besser gewöhnt sie sich fortan an die veränderten Gegebenheiten – gewinnt gar zunehmend Spaß an den neu erhaltenen Chancen, Freiheiten und eigentlich vergangen gewähnten Gefühlen…

Ben muss derweil mit verschiedenen Elementen und Sachlagen fertig werden, die überaus belastend auf ihn einwirken: Während ihr Körper auf dem Friedhof zur ewigen Ruhe gelegt wird, ist es so, dass seine Frau in der „physischen Hülle“ seiner Tochter weiterzuleben scheint – doch was ist aus der „Persönlichkeit“ letzterer geworden und wie lange könnte das wohl anhalten? Auf die eine oder andere Weise wird er eine seiner Liebsten verlieren – sei es Sam oder Hannah. Die Person, mit der er nun unter einem Dach wohnt, kann er zudem weder richtig als Gattin noch Tochter ansehen, da die Grenzen verschwommen sind: Aufgrund ihrer Emotionen sucht Hannah weiterhin die bisherige Nähe zu ihm – versucht ihn zu küssen und zu verführen und erwähnt sogar offen die Tatsache, dass der „Geist“ einer erwachsenen Frau, welche man liebt und mit der man sich eine innige Vergangenheit teilt, im Körper eines Teens doch eigentlich (quasi) als eine „ultimative männliche Phantasie“ bezeichnet werden könnte. Simultan tragisch und creepy, prägt und überschattet diese „Anspannung“ einen Großteil ihrer Interaktionen – bis hin zu einem Punkt, an dem sie gar einen unüberwindlichen Keil zwischen sie zu treiben droht. In der Hinsicht drängen Hannah´s (von den Hormonen Sams zusätzlich aufgewühlte) Empfindungen Ben gegenüber sie immer weiter voran, also tendenziell über die „platonische Grenze“ hinweg – wobei sie sich von ihm (überdies) auch nicht wie ein „Kind“ behandeln lassen will sowie der Reiz der neuen Eindrücke und Aussichten (Partys, ein College-Platz in einer anderen Stadt etc.) ebenfalls regelmäßig zu Diskussionen und Streit zwischen ihnen führt…

Vincent Perez, der den meisten eher als Schauspieler (z.B. aus „the Crow 2“ oder „La Reine Margot“) statt als Regisseur bekannt sein dürfte, ist es mit seinem zweiten Spielfilm (nach dem 2002er „Peau d'ange“) gelungen, das potentiell relativ „ungemütliche“ Thema (mitsamt seiner ins „Phantastische“ hineinreichenden Prämisse) mit dem nötigen Maß an Sensibilität und Ernsthaftigkeit anzugehen, um es glaubwürdig darzubieten bzw. im Ganzen funktionieren zu lassen. Statt Inzest, Verführung einer Minderjährigen oder etwaige übernatürliche Motive stehen ganz klar die Figuren, ihre Ansichten und inneren Konflikte im Zentrum der Betrachtung, weshalb man sich anständig in sie hineinzuversetzen vermag. Entsprechend wurde sich (erfreulich feinfühlig) primär auf die dramatischen Aspekte der Story konzentriert: Bündig (aber dennoch sorgfältig) werden die Hauptcharaktere in den ersten Minuten ins Geschehen eingeführt (man erhält Sam´s rebellische Ader ebenso aufgezeigt wie den Grad der Zuneigung zwischen ihren Eltern) – bevor das Schicksal ihre gemeinsame Existenz nachhaltig verändert und die erwähnten Entscheidungen getroffen werden, also u.a. auf welche Weise von dort aus an damit (möglichst) umgegangen werden soll. Selbst die „Fisch out of Water“-Sequenzen in der Schule werden nicht überstrapaziert und kommen dabei auch nicht irgendwie „vordergründig auf komisch getrimmt“ daher…

Im Gegensatz zu den meisten Filmen, die sich mit dem Thema „Körpertausch“ beschäftigen, wie etwa „Freaky Friday“, dessen 2003er Remake, „Vice Versa“ oder „Prelude to a Kiss“, hat man den in die Handlung eingebundenen Humor vorliegend auf ein Minimum reduziert und überdies „realistisch“ gehalten: Viel mehr als Hannah´s Überraschung, als sie sich erstmals nach dem „Vorfall“ nackt im Spiegel betrachtet und dabei den Namen eines Jungen auf Sam´s Po tätowiert erblickt, wird einem auf dieser Ebene nicht geboten – und das ist auch gut so! Auf diesem Pfade wirkt alles viel „greifbarer“, weniger abstrus: Man kann sich besser auf die einzelnen „Problemfelder“ einlassen und konzentrieren – wie auf das Bemühen Hannahs, ihre Tochter richtig zu verstehen, ihren Kampf mit den unterschiedlichen Gefühlen, auf die Angst und Unsicherheit, was wohl aus Sam´s „Wesen“ geworden ist, den aktuellen Stand der Beziehung zwischen ihr und Ben sowie die Frage nach ihren „Zukunftsaussichten“ (im Allgemeinen und Speziellen). Resultierend aus dem präsentierten Phänomen der Seelenwanderung, kommt einem beim Sichten unweigerlich der eine oder andere Gedanke über den Tod in den Sinn – ebenso wie was auf jenen Moment überhaupt eventuell folgen könnte: Ein Schlaf ohne Träume, Wiedergeburt oder ein anderer, für uns jetzt unvorstellbarer Zustand? Auf derartige Spekulationen und Theorien geht der Film aber gar nicht erst weiter ein – schließlich ist das auch für seine Protagonisten nur zweitrangig: Sie sind keineswegs darauf aus, das ihnen Widerfahrene zu analysieren – ihnen geht es darum, damit zurecht zu kommen. Letztlich sind die einzigen Streifen, die mir (spontan) einfallen, mit denen man „the Secret“ durchaus vergleichen könnte, Jonathan Glazer´s „Birth“ (2004) sowie das 2009er Sarah Michelle Gellar Vehikel „Possession“…

Der bekannteste Name auf der Cast-Liste ist natürlich der des US-TV-Stars David Duchovny („the X Files“/„Californication“), dessen Leistung bei mir insgesamt jedoch nicht so wirklich allzu großen Anklang zu finden vermochte: Obwohl er keinesfalls unbedingt schlecht agiert, war mir sein (seit jeher von ihm gewohntes – also zurückhaltendes, bisweilen leicht hölzern anmutendes) Mimenspiel hier einfach nicht gut genug, um den Part des Ben rundum zufrieden stellend zu meistern. Sporadisch fehlte es mir bei ihm schlichtweg an der nötigen „Kraft“ hinter so manchen der zu vermittelnden Gemütsbewegungen. Lili Taylor („the Addiction“/„the Haunting“), die einem in den vergangenen Jahren ja nur noch verhältnismäßig selten in Filmen (geschweige denn größeren Rollen) begegnet ist, hinterlässt zwar einen zusagenden Eindruck, bloß keinen allzu umfangreichen, da ihre gegebene Screen-Time dafür zu stark eingeschränkt ist. Eine wahrhaft herausragende Performance liefert dagegen die junge Olivia Thirlby („Juno“/„Snow Angels“) ab, welche ihr Talent (und künftiges Potential) eindrucksvoll zur Schau stellt sowie Sam im Grunde genommen makellos verkörpert – inklusive der schwierigen Aufgabe bzw. Herausforderung, zwei Persönlichkeiten innerhalb einer einzigen Figur zu vereinen, und das außerdem stets so, dass man Sam und Hannah (u.a. anhand ihrer charakteristischen Gesten und Sprachmuster) klar auseinanderhalten kann...

Das Drehbuch stammt aus der Feder der Debütantin Ann Cherkis, welche die tragische Story des Romans (und Originals) ohne erkennbare Schwierigkeiten in einen amerikanischen Kontext eingebettet hat. Dank ihrer angenehm feinfühligen Annäherung an die Materie erweckt die paranormale Komponente zu keiner Zeit eine irgendwie ablenkende, banale oder gar störende Impression – mit einer angebrachten Ernsthaftigkeit hat Ann die verschiedenen Elemente ausgestaltet sowie geschickt einander gegenüber abgestimmt bzw. ausbalanciert. Die Emotionen und Verhaltensausprägungen, die sowohl zwischen Ben und Hannah als auch zwischen ihr und Samantha bestehen sowie sich zunehmend weiterentwickeln, sind für den Zuschauer leicht nachvollziehbar und verleihen dem Werk auf diesem Wege die erforderliche Dramatik, Tiefe und „Bodenhaftung“, um inhaltlich (weitestgehend) überzeugen zu können. „I´ve looked into 15 pairs of eyes today...but my day doesn´t begin until I look into yours”, meint Ben, der Optometrist, gleich am Anfang liebevoll zu seiner Frau, die im Übrigen eine passionierte Amateur-Photographin ist – worüber hinaus es ja zudem (verbreitet) heißt, dass die Augen „Spiegel der Seele“ seien. Dieses subtil in diverse Bereiche des Verlaufs eingebundene Motiv (des Sehens bzw. der individuellen Perspektive) hat mir persönlich sehr gut gefallen...

Als Sam´s „Wesen“ irgendwann wieder an die Oberfläche zu treten und Hannahs im Zuge dessen zu verdrängen beginnt, wird einem rasch gewahr, wie die ganze Sache wohl ausgehen dürfte: Entsprechend bewegend kommt der Schluss dann auch daher – ebenso aber erfreulich unkitschig sowie rundum befriedigend. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, wenn man der Entfaltung des Ausgangs ein wenig mehr Zeit zugestanden hätte – gern in Verbindung mit einigen (kleineren) gezielten Straffungen einzelner Stellen im Vorfeld. Das Tempo ist ruhig, wobei das Werk allerdings nie langweilig wird, der Score Nathaniel Méchalys („Taken“) inspiriert und die Kamera-Arbeit Paul Sarossys („Chloe“) solide. Mit den Charakteren unverkennbar im Mittelpunkt der Betrachtung und Handlung verortet, hatte ich im Prinzip keinerlei „Probleme“ damit, dass Ben offenbar nur recht oberflächlich nach Hintergründen und irgendwelchen Möglichkeiten einer nachvollziehbaren (medizinischen bzw. wissenschaftlichen) Erklärung recherchiert sowie dass er die Situation an sich (im Ganzen) relativ zügig akzeptiert – schließlich galt die „Priorität“ der Verantwortlichen nicht diesen (nur als Katalysator dienenden) Aspekten des Plots, sondern den bereits erwähnten, was meiner Meinung nach eine ersprießliche Entscheidung markiert(e). Makellos ist das Skript demnach zwar nicht – wohl aber besser als von mancher Seite (im Vorfeld) mit Sicherheit erwartet bzw. befürchtet...

Fazit: „Si j'étais toi“ (aka „the Secret“) ist ein von Vincent Perez achtbar und gefühlvoll in Szene gesetztes Drama, welches seine (aus einer gleichermaßen interessanten wie reizvollen Ausgangsbasis hervorgehende) Geschichte auf sensible Weise erzählt und dabei mit einer jungen Hauptdarstellerin aufwartet, von der man in den kommenden Jahren hoffentlich noch eine Menge hören und sehen wird...

:liquid6:


Inzwischen ist der Film nahezu überall auf DVD erschienen - hierzulande unter dem Titel "In Deiner Haut".
In den USA gibt es auch eine BluRay - doch vorsicht, die ist "Region locked"!

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Dr Dolph
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Beitrag von Dr Dolph » 30.09.2010, 22:06

Ist wirklich ein schöner Film, sehe den sogar bei ner 7, Duchovny-Fan-Bonus sei Dank.

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freeman
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Beitrag von freeman » 01.10.2010, 08:34

Der liegt trotz Duchovny seit Ewigkeiten ungeguckt bei mir rum. Muss ich endlich mal nachholen!

In diesem Sinne:
freeman
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