Originaltitel: RED
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Robert Schwentke
Darsteller: Bruce Willis, Mary-Louise Parker, Morgan Freeman, John Malkovich, Helen Mirren, Karl Urban, Richard Dreyfuss, Brian Cox, Julian McMahon, James Remar, Ernest Borgnine, Michelle Nolden u.a.
Frank Moses lebt seit Jahren ein gemütliches Pensionärsleben. Sein Leben ist seitdem geprägt durch Routine: Aufstehen, Zähneputzen, speisen, diverse Hausarbeiten verrichten, lesen und sich wieder zur Ruhe betten. Einmal im Monat telefoniert er mit Sarah, der netten Dame von der Pensionskasse, der er immer und immer wieder vorlügt, seine Pensionschecks würden nicht ankommen - was sie aber tun. Doch Frank braucht diese Telefonate, sind sie doch seine einzigen sozialen Verbindungen mit der Welt. Eines Tages kreuzt Frank bei seinem Weg zur Morgentoilette die Wege eines Killerkommandos, das ihn meucheln will. Frank erwacht urgewaltig aus seinem Pensionärsstatus und zerlegt die Killer in ihre Einzelteile. Schnell wird Frank klar, dass das CIA hinter dem Anschlag steckt und ab sofort jeder in Gefahr ist, der mit ihm zu tun hatte. So auch Sarah. Also zieht Frank los, kidnappt Sarah - zu ihrem eigenen Schutz, versteht sich - und versucht den Hintergründen für den Anschlag auf den Grund zu gehen. Dabei muss er irgendwann auch seine ehemaligen Kollegen reaktivieren, mit denen er vor Jahren ultrageheime Aufträge für die Regierung erledigte. Gemeinsam stoßen die rüstigen und massiv aufgerüsteten Agentenrentner in ein Wespennest aus Korruption ...
RED - Retired and extremely dangerous / RED - Im Ruhestand und extrem gefährlich ist eine der Graphic Novels, an die ich mich wahrlich nicht herangetraut habe. Ich wurde absolut nicht mit dem zeichnerischen Stil der Comicvorlage von Warren Ellis (Story) und Cully Hamner (Zeichnungen) warm und kann daher diesmal leider gar nichts dazu sagen, inwiefern der Film sich nun an die Geschichte des Comics hält oder den vorgegebenen Ton der gezeichneten Vorlage trifft. Selbst jetzt, nach Genuss des mehr als gelungenen Filmes, habe ich keine Lust zu vergleichen, einfach weil ich auf den Zeichenstil von RED so gar nicht klar komme. Also gehen wir das Thema rein filmisch an, zumal nach Genuss des Filmes eh niemand glauben wird, dass hier ein Comic als Vorlage diente.
Eher hat man das Gefühl, man schaue hier einem Oceans 65 zu, wobei 65 für das Durchschnittsalter der beteiligten Hauptfiguren steht. Genauso entspannt und lässig wie Clooney und Co. mäandern in RED ein paar Figuren, für die der Begriff cool einst erfunden wurden zu sein scheint, durch eine vollkommen egale Story, die im Grunde den größten Kritikpunkt an RED darstellt. Denn wo sie zu Beginn noch mit unglaublicher Verve einsteigt und Schmunzelmoment um Schmunzelmoment abliefert, wird sie mit zunehmender Laufzeit immer unpräziser und die Schmunzelmomente beginnen sich zunehmend abzunutzen, auch weil die eigentliche Geschichte um die Regierungsverschwörung extrem behäbig in Gang kommt. Noch behäbiger als die Rentnergang. Vor allem zum Ende hin kommen so einige Tempoprobleme auf und man hat beständig das Gefühl, dass RED gut und gerne 15 Minuten kürzer hätte sein können und sollen.
Wie in den Oceansstreifen läuft dann alles auf einen großen, von langer Hand geplanten Supercoup (hier dreht sich alles um einen hochrangigen Politiker) zu, der auch Momente lanciert, wo man glauben muss, alles sei verloren. Doch die schlitzohrigen Helden haben die Situation irgendwie immer im Griff und bringen alles zu einem versöhnlichen Ende. Dabei spielt spektakuläre Action trotz des waffenstarrenden Filmplakates keine große Rolle. Sie hat zwar definitiv ihre Momente (der brachiale Fight zwischen Bruce Willis und Karl Urban sei genannt oder die coole Ballerei zwischen den Frachtcontainern), tritt aber nie übermächtig in den Vordergrund. Im Mittelpunkt von RED stehen die Figuren und deren Interaktionen.
Und dementsprechend ist dann auch der Cast die größte Stärke des Filmes. Bruce Willis gibt hier als Frank Moses einen ewig lächelnden John McClane. Im Grunde also dieselbe Rolle wie in der Vollgurke „Cop Out“. Mit dem großen Unterschied, dass Bruces McClane Variation in RED auf den Punkt funktioniert und Willis sowohl gewohnte Actionheroqualitäten als auch ein tolles komödiantisches Timing beweist. Kein Wunder, bei den Co-Stars. John Malkovich gibt dabei den augenrollenden Irren mit aus „Burn after reading“ bekannter Inbrunst, Morgan Freeman sorgt für eine enorme gentlemanlike Eleganz und Hellen Mirren in schweren Boots und eleganter Abendgarderobe beim Blaue-Bohnen-Verteilen ist alleine schon das Eintrittsgeld wert. So gegen den Strich besetzt wurde in letzter Zeit kein Schauspieler mehr. Dazu schwebt im Showdown ein fast schon beseelt wirkender Brian Cox durch die Szenerie und scheint einer höheren Macht gleich in die Geschicke einzugreifen, während Ernest Borgnine seinen kurzen Filmauftritt mit viel Charme bestreitet. Robert Dreyfuss macht ebenfalls richtig Laune und Karl Urban ist als Jungspund im Bunde eine vor allem physisch präsente, sichere Bank. Als sympathisches Anhängsel von Bruce Willis empfiehlt sich sogleich Mary-Louise Parker für baldige weitere Auftritte auf der großen Leinwand. Im Grunde weiß Regisseur Robert Schwentke nur mit Julian McMahon, dem zynischen Doc Troy aus „Nip/Tuck“, nichts anzufangen und lässt ihn beständig von Bodyguards hin und herschieben, um ihn am Ende vollends zum weinerlichen Waschlappen zu degradieren. Schade.
Davon abgesehen ist die große Schauspielshow, die in RED aufgefahren wird, einfach nur absolut genial und täuscht über manches Storyproblem und den einen oder anderen Tempohänger mühelos hinweg. Auch inszenatorisch muss sich der deutsche Regisseur nichts vorwerfen lassen. Zusammen mit Florian Ballhaus, dem Sohn von Michael Ballhaus, entfesselt er wie schon in „Flight Plan“ irre Kamerafahrten, die ihresgleichen suchen. In einem Autoinnenraum fliegt sodann die Kamera umher, als handele es sich um eine Turnhalle. Und dass Florian der Sohn seines Vaters ist, beweist er in einer Szene, in der er den Zuschauer beim Umfliegen Karl Urbans fast schwindlig kreist! Dazu arrangierte Christophe Beck coole MitdemFußwipp Musik, die zwar kein griffiges Thema, dafür aber viel schlitzohrige Leichtigkeit transportiert.
Kurzum, RED ist so ziemlich der lässigste Streifen des aktuellen Kinojahres und gute Laune Kino pur. Und das mit einer Schar „Rentner“, die durchweg beweist, dass man Charisma und Spielfreude mit den modernsten Effekten Hollywoods nicht aufwiegen kann. Dem Tempo der Rentnergang passt sich dann der Film in allen Belangen an. Weder bekommt man überkandidelte Actionszenarien noch wildes Schnittgewusel. Von den aktuell so beliebten Fäkalhumoreinlagen ganz zu schweigen. Stilvoll und mit einigem Understatement reckt hier ein formidables Schauspielensemble dem modernen und hektischen Hollywoodkino neuerer Prägung den Mittelfinger entgegen und liefert ein Werk ab, das einfach nur Spaß macht. Leider kann die eigentliche Geschichte da nicht ganz mithalten und steht dem Unternehmen irgendwann sogar ein wenig hinderlich im Weg.

In diesem Sinne:
freeman