Dead Genesis

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Seemi
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Dead Genesis

Beitrag von Seemi » 28.12.2011, 22:33

Dead Genesis

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Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt: Reese Eveneshen
Darsteller: ... folgen morgen ...

Genesis ist altgriechisch und bedeutet Schöpfung, Entstehung bzw. Geburt. Der deutsche Subtitel suggeriert erst einmal, dass der Krieg der Toten begonnen hat und nicht, wie beim englischen der Krieg gegen die Toten.
Der Zuschauer ist also geneigt eine umfangreiche Story über den Ausbruch einer Zombieepidemie und entsprechende Kampfhandlungen gegen die untote Bedrohung gezeigt zu bekommen, allerdings fällt die Inhaltsbeschreibung ernüchternder aus.
Eine Redakteurin wird sieben Monate nach dem nicht weiter erläuterten Ausbruch der Zombieepidemie vom einzigen Postapokalypse-TV-Sender beauftragt den Alltag einer berüchtigten Jagdgruppe zu dokumentieren. Die Dokumentation soll all denen, die Zuhause sitzen und das Vertrauen an das Militär veloren haben, aufzeigen, ob sie sich dank der Bürgerwehren respektive Jagdgruppen sicherer fühlen können. Anfangs hat die junge Jillian Probleme Zugang zur Arbeit der Gruppe und der Gruppe selbst zu finden. Aber im Lauf der Zeit erfährt sie viel über den Kampf gegen die Toten und die neue Gesellschaftsordnung, aber auch tiefe Einblicke in die Funktionsweise der Gruppe und das emotionale Innenleben der Gruppe.
Nachdem sich der Film also völlig abseits der titelgegebenen Marschrute bewegt, darf man sich also wiedermal einer sozialkritischen Mockumentary erfreuen.

Generell habe ich kein Problem mit Low-Budget-Produktionen, solange sie sich als solche erkenntlich zeigen oder man ihnen, im positiven Sinne, ggf. das Budget kaum ansieht. Wenn man allerdings wiedermal ein überambitioniertes 6.000$ Zombiespielfilmdebüt vorgesetzt bekommt, sollte man nicht überrascht sein, wenn Romeros Fußstapfen, die der Meister mittlerweile selbst kaum mehr füllen kann, deutlich zu groß sind.

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In Zombiefilmen kämpft in der Regel eine kleine Gruppe von Menschen in einer völlig ausweglosen Situation um's Überleben. Um das abgenutzte Setting also aufzupolieren müssen Amateure, wie Profis, auf neue Ansätze und Blickwinkel finden, bevor diesen dann wieder von zig anderen Streifen im Zombie-1-mal-1 eingesetzt werden. Eine Dokumentation über Zombiejäger ist zumindest mir noch nicht untergekommen, aber im Endeffekt wurden für das Drehbuch nur ein paar Begriffe aus dem Zombie-Standardskript geändert. Wir folgen also der landesweit bekannten Zombiejadggruppe "Deadheads". Man könnte annehmen, dass eine solche Gruppe den Figuren aus Expandables ähnelt, noch viel mehr Leute hat und vor allem bestens ausgerüstet ist. Immerhin werden sie, laut Drehbuch, vom Staat beauftragt, gegen die Zombieplage vorzugehen. Im Film sind es allerdings 10 wild zusammengewürfelte, wandelnde Klischees, die eher an eine Gruppe aus Slasherstreifen erinnert und deren Basislager aus Stehplätzen und Schlafsäcken besteht, also nicht vorhanden ist. Die Truppe besteht dabei aus einem kühlen Durchschnittsanführer, der Glamrockbraut, dem verloren wirkenden Familenvater, der Alabamatussi, dem fanatischen Priester, zwei Collegeboys und nur 5 der Beteiligten erfüllen dabei das Image des schießwütigen Söldners. Wenn schon Jillian von der Gruppe wenig freundlich empfangen wird, ist es unerklärlich, warum man den Kirchenfanatiker in die Gruppe aufgenommen hat, der nie eine Waffe in der Hand hält und jedem, inklusive Zuschauer, auf die Nerven geht.
Diese frivole Truppe steht also im Wald ballert alle paar Stunde eine Welle von Statisten aus der Nachbarschaft um und quält sich durch das dialoglastige Drehbuch, um besser verstehen zu können, was solche Leute antreibt und wo all die Probleme in einer solchen Gesellschaft liegen. Highlight sind dabei die Bar mit den Zombienutten und die Eskalation zwischen dem Priester und dem Familienmenschen, allerdings sind die meisten Schauplätze schlicht oder einfach gar nicht ausgestattet, sodass null Stimmung aufkommt.

"I don't even know, if what we're doing out here is doing any good or not, but I do know that, you sitting behind that camera and scrutinizing what we do is fucking insulting"

Die Schauspieler sind allesamt unbekannte Neudarsteller, die bemüht, allerdings ohne jegliche Ausstrahlung, ihre Parts spielen. Colin Paradine, der markante Deadheads Anführer, agierte überzeugend und war somit eine positive Ausnahme, negativ hingegen waren die völlig overactenden Darsteller der Pick-Up-Rednecks und der des Barbesitzers, mit dem schlechtesten Lache der Filmgeschichte. Dem Dokustil ist es geschuldet, dass man sich Interviewbrocken aussetzen darf, die schlecht geschrieben sind und den Figuren alles andere als Tiefe verleihen. Gerade wenn eine Figur von einer Meinung überzeugt werden soll, werden sehr pathosgeschwollen oder emotional zwei, drei Sätze abgedrückt und dann folgt ggf. ein spontaner Sinneswandel oder der Charakter bleibt unbelehrbar. Desweiteren kann man handlungserläuternde Oneliner wie "Now he's changing" selbst dem Zombiefilmneuling ersparen. Abgesehen vom Drehbuchschreiben, war Eveneshen wohl auch beim Dreh überfordert. Laut IMDB, musste er sogar selbst als Kameramann einspringen, wodurch sich eine ordentliche Inszenierung umso schwieriger gestaltet. Ein roter Faden lässt sich kaum erkennen und selbst vor den zwei "Höhepunkten" gegen Ende kommt kaum Spannung auf. Die Handlung ist zwar nicht langatmig, aber redundant und die Laufzeit wirkt für die 2 Tage andauernde Dokumentation viel zu lang. Wobei es zwei Tage für eine solche Dokumentation an sich viel zu kurz erscheinen. Das Theme von F. Tyler Shaw ist ordentlich, während des Filmes hört man, außer 2-3 zu knalligen Songs, eigentlich nur Atmo und Dialoge.Das tragende Merkmal eines Zombiefilms ist natürlich der Zombie an sich. In Dead Genesis gibt es mal wieder die "Schleicher" was mehrere Gründe haben könnte. Unter anderem besteht bei "Massenszenen" die Gefahr, dass jemand stolpert und bei einem solchen Projekt ist jeder Ausfall eines verwandten oder befreundeten Statisten nicht nur für den Darsteller schmerzhaft. Neben der allgemeinen Stolpergefahr im Wald, ist es schwierig Lichtungen zu finden, die sich als Drehort eignen und da man gegen anschlurfende Zombies den Standort längern halten kann als gegen rennende, erübrigt sich die Suche nach neuen Plätzen für das Basislager. Das Make-Up und Goreszenen der Zombies akzeptabel, wenn man von den peinlichen aufgeklebten "Lippenlücken" absieht. Die Shootouts bauen eigentlich auch auf handgemachte Effekte, sind aber budgettechnisch durch VFX unterstützt, welche ordentlich eingebunden wurden.


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Wenn man als Regisseur nur 6.000$ zur verfügung hat und kaum Ausgaben für Darsteller, Effekte und Ausstattung aufbietet wird das Geld zwar trotzdem schnell knapp, allerdings sollte man dennoch versuchen bei der Kameraarbeit ordentlich zu sein und wenn irgendwie möglich mit Beleuchtung zu arbeiten. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass der eigentlich geplante Kameramann abgesprungen ist, dennoch ist das Ergebnis ernüchternd. Die Kunst der ruhigen Kameraführung wurde mittlerweile allerorts abgeschafft, allerdings war Eveneshen, von der Mehrfachbelastung des Schauspieler dirrigierens und Kamerahaltens wohl so erschöpft, dass man stellenweise meint, er hätte ein Äffchen mit ADS und Parkinson an die Kamera gelassen. Generell wählt er das Bild oft sehr untersichtig und verlässt er sich bei der Kadrierung auf Nahaufnahmen, immerhin gibt es reichlich Dialoge, aber selbst dabei scheint es eher Zufall zu sein, wenn man eine wirklich gelungene Einstellung sieht. Außerdem hat er den Fehler gemacht, als Haupthandlungsort den Wald oder die falsche Kamera wählen. Die Natur bietet den Vorteil, dass man mit schönen, natürlichem Licht arbeiten kann, allerdings hat der Wald den Nachteil, dass es sehr helle und sehr dunkle Stellen gibt. Da hilft dem Amateur leider nur gutes Equipment oder gute Nachbearbeitung, was hier beides nicht der Fall ist und so sind die meisten Außenaufnahmen an vielen Stellen überbelichtet.

"... and you know what really pisses me off [...] is that you probalby finish your little video and people watch it and they're gonna praise
it when they have absolutely no idea what it is that we're doing out here"

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Lichtgestalt

Unterm Strich wurde mit Dead Genesis kein großartiger Zombiestreifen geschaffen. Eine handvoll gelungener Momente, ein nur gering vorhandener Nervfaktor und ein wenig Verständnis für den Amateurbereich bewahren den Streifen aber davor, dass zu sein, womit man Dead Genesis auch übersetzen könnte: eine Totgeburt

:liquid2:

Den Film gibt's bei uns cut mit FSK 18 von DTP Entertainment/Great Movies auf Blu und DVD als Ultimate Edition mit Pappschuber und... naja außer Trailern und einer Bildergalerie eigentlich nichts daherkommt, zudem selbst die Zombies schlecht synchronisiert sind und ganze 6 Minuten fehlen, was am Ende sogar zu einem Logikfehler führt.
Sehr ultimativ das Ganze...
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Beitrag von StS » 29.12.2011, 09:09

Danke für die Besprechung dieses Films, den ich vorher absolut nicht kannte - aufgrund der "Amateur-Beschaffenheit" und Deiner Wertung in Zukunft aber auch nicht angehen werde... :wink:

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