Tiger & Dragon

Der Action Film der 80er, der 90er und heute.
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freeman
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Tiger & Dragon

Beitrag von freeman » 14.08.2006, 00:52

Es gibt immer wieder Filme, die einen nach der Sichtung noch tagelang beschäftigen. Ich möchte euch heute einen Film vorstellen, der es geschafft hat, mich über Jahre hinweg zu beschäftigen und nicht mehr loszulassen. Also lasst euch von mir bei der Hand nehmen und durch ein kleines Filmwunder führen. Wenn ihr nach Lesen dieses "kurzen" Textes Lust habt, den Film einfach mal wieder einzulegen und anzuschauen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Es sei allerdings DRINGEND darauf verwiesen, dass man den Film bereits kennen sollte, BEVOR man diese "Kritik" liest, denn sie enthält alle wesentlichen Handlungselemente und wird zum Beispiel auch das Ende verraten! Ist diese Kritik doch mehr eine Mischung aus Analyse und Interpretation denn ein Review im eigentlichen Sinne, weshalb sich Lobeshymnen meinerseits auf ganz wenige Passagen und das Fazit beschränken werden. Falls ihr also etwas tiefer in einen euch bekannten Film eintauchen wollt, dann herzlich willkommen in der Welt der kauernden Tiger und verborgenen Drachen!

Ein Dank geht auch eine ehemalige Kommilitonin, die mir bei dem "fitzeligen" und arbeitsintensiven Einstieg (inhaltliche Zerpflückung des Filmes) zur Seite stand.

Tiger & Dragon

Originaltitel: Wo hu cang long
Herstellungsland: Hongkong/Taiwan/USA
Erscheinungsjahr: 2000
Regie: Ang Lee
Darsteller: Chow Yun-Fat, Michelle Yeoh, Zhang Ziyi, Chang Chen, Sihung Lung, Cheng Pei Pei, Fazeng Li, Xian Gao, Yan Hai, Deming Wang, Li Li u.a.

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Einem der chinesischen Sprache mächtigen Zuschauer würde beim Abspann auffallen, dass die chinesischen Schriftzeichen für Tiger und Drachen nicht nur im Titel erscheinen. So findet sich der Begriff "Drache" im Namen der ebenso schönen und leidenschaftlichen als auch unberechenbaren jungen Filmheldin Jen (Zhang Ziyi) wieder, genau wie der "Tiger" im Schriftbild Los (Chang Chen), Jens verwildertem Geliebten, kauert. Doch dies ist nicht die ganze Wahrheit. Im Grunde lässt sich das alte chinesische Sprichwort, welches dahinter steht, auf alle handelnden Personen des Films übertragen. Jeder hat in sich den verborgenen Drachen: tiefe, zwiespältige, sehnsüchtige Gefühle, die nur darauf lauern, an die Oberfläche zu gelangen. Der Titel steht für das Geheimnisvolle, das man nicht unterschätzen soll, die Kräfte, die unter der gesellschaftlichen Realität wirken. Mein Ziel wird im Folgenden sein, zu zeigen, dass es dem Regisseur Ang Lee auf wundervolle Weise gelingt, diese "Mystik des Versteckten" mit der hohen Kunst der Martial-Arts zu verbinden.

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Die Geschichte

Das Drehbuch von James Schamus, der bereits bei anderen Produktionen mit Ang Lee zusammenarbeitete, basiert auf dem fünfbändigen Roman des chinesischen Autors Wang Du Lu, der Mitte des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurde. Es zeichnet sich durch zwei Handlungsstränge aus: die junge Jen, die als Tochter des Gouverneurs Yu aus gutem Hause kommt, soll in Bejing verheiratet werden, wie es die Tradition verlangt. Was jedoch niemand weiß, sie ist von Kindesbeinen an dem Einfluss der gesetzeslosen Jadefuchs ausgesetzt, die sie mit verschiedenen Kampftechniken vertraut gemacht hat. Seit jeher träumt Jen davon frei zu sein und das Leben der Kämpfer zu führen. Diese Sehnsucht nach einem Leben jenseits von Pflichten äußert sich auch in der Beziehung zu Lo, einem Rebellen, den sie in der Wüste kennen und lieben gelernt hat, aber schließlich aufgeben muss. Hin und her gerissen zwischen ihrem Drang nach Freiheit und Selbstverwirklichung und der Verpflichtung ihrer Familie gegenüber, entscheidet sich Jen schließlich, entgegen den üblichen Konventionen der damaligen Zeit, ihr Leben zu bestreiten.

Gleichzeitig werden dem Zuschauer Yu Shu Lien und Li Mu Bai und deren ganz eigene ergreifende Geschichte vorgestellt. Beide sind genau wie Jadefuchs Kämpfer, die ihre Künste allerdings, im Gegensatz zu dieser, nicht missbrauchen. Sie sind verbunden durch ihre nie ausgesprochene Liebe zu einander, die ebenfalls Opfer der "ungeschriebenen Gesetze" dieser Epoche ist, da der Verlobte Yu Shu Liens vor Jahren sein Leben dafür gab, um den gemeinsamen Freund Li Mu Bai zu retten.

Verknüpft werden die beiden Geschichten durch den Diebstahl des sagenumwobenen "Grünen Schwertes" Li Mu Bais. Die Spur, die Yu Shu Lien aufnimmt, führt sie direkt zu Jen. Bald erkennt sie das "wahre Ich" der jungen Gouverneurstochter und den Zwiespalt derer Gefühle und bietet Jen ihre Freundschaft an. Ebenso steht Li Mu Bai jetzt vor einer Herausforderung: endlich bietet sich ihm die Gelegenheit, die Schuld gegenüber seinem Lehrmeister, der von Jadefuchs getötet wurde, zu begleichen und ihn zu rächen was bedeutet, seine Gefühle gegenüber Yu Shu Lien zurückzustecken. Dabei lernt er Jen kennen, deren Können und Willenskraft ihn stark beeindrucken. Doch auch er vermag es nicht, das jähzornige Mädchen zu bändigen und auf den wahren Weg zurück zu bringen: sie flieht kurz nach ihrer Hochzeit. Auf dieser Reise verhärten sich die Fronten noch mehr: Yu Shu Lien, die mit Li Mu Bai die Verfolgung aufgenommen hat, bekommt die Ablehnung Jens deutlich zu spüren und auch Li Mu Bai kann nur mit ansehen, wie die plötzlich auftauchende Jadefuchs Jen verschleppt. In deren Versteck kommt es schließlich zum Showdown: im Kampf zwischen Jadefuchs und Li Mu Bai ...

Im Grunde geht es hier also "nur" um zwei Liebesgeschichten, versehen mit einigen Racheelementen. Diese relativ nüchterne Aufstellung wird natürlich kaum der starken Gefühle und dem dramatischen Potential des Films gerecht, ebenso wenig ergeben sich daraus konkrete Anhaltspunkte über den Spannungsaufbau der Handlung. Dieser gleicht nämlich bei genauer Betrachtung dem Aufbau eines klassischen Dramas!

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Vergleich klassisches Drama mit Tiger & Dragon

In diesem Vergleich, der bewusst fast schon stichpunktartig gehalten ist, werden einige Themen und Punkte angeschnitten, die hier noch nicht weiter ausgeführt werden, später aber erneut aufgenommen werden. Also falls Fragen aufkommen, einfach weiter lesen. ;-)

Der Exposition des Dramas entsprechen, übertragen auf den Film, die ersten 15 Minuten des Filmes. Der Zuschauer wird in Ort, Zeit und Situation eingeführt, mit den handelnden Personen vertraut gemacht: Die Kleider der auftretenden Akteure sowie die gesamte Szenerie erinnern an ein China längst vergangener Zeiten. Wir erfahren etwas über Yu Shu Liens Begleitdienst (eine Art Bodyguardservice für Handelsreisende), ihre langjährige Freundschaft zu Li Mu Bai und die Bedeutung der Meditation für einen Kämpfer, verkörpert durch eben genannten, der sich durch seine Frisur im Mandschu-Stil als Krieger ("Chang Hu") auszeichnet. Das Schwert mit dem bedeutungsvollen Namen "Grünes Schicksal" wird in die Handlung eingebracht, die es später noch maßgeblich vorantreiben wird, da es die Menschen, die es besitzen, in ein schier auswegloses Schicksal stürzt, praktisch als MacGuffin fungiert. Dem "Grünen Schwert" wird dabei eine vollkommen eigene "Sprache" zuteil, da die Soundtechniker jedes seiner Anwendungsgeräusche aus sieben bis acht Tönen zusammenmixten! Li Mu Bai, der es von seinem Lehrmeister seinerzeit erhielt, möchte es nun abgeben, denn "zu viele sind durch seine Klinge gestorben". Der symbolische Wert verschiedener Gegenstände, hier des Schwertes, das Gut und Böse vereint, wird zum Thema. Dies entspricht der chinesischen Weltauffassung. Der Zuschauer erfährt von Li Mu Bais beabsichtigten Lebenswandel und den Plänen, zuvor noch einmal das Grab seines ehrwürdigen Meisters, der von Jadefuchs ermordet wurde, zu besuchen. Schon hier findet man Andeutungen auf die besondere Beziehung zwischen Lehrmeister und Schüler, da Li Mu Bai in der Schuld steht, seinen verstorbenen Patron zu rächen. Mit Yu Shu Lien betreten wir Bejing, ein Peking mit Gauklern und Händlern - jenseits von Industrie, Autos und Hektik der heutigen Zeit. Im Gespräch zwischen Yu Shu Lien und Tie Beile, dem Hohen Rat, dem sie Li Mu Bais Schwert übergibt, klingen erstmals die unausgesprochenen Gefühle zwischen Yu und Li an, sowie die Angst, die beide diese Emotionen verleugnen lässt. Dieser Dialog ist im übrigen ein Zugeständnis an den Westen und das junge China, da man vor 300 Jahren, gerade in so unterschiedlichen Klassen, nie so frei über das Thema Liebe gesprochen hätte. An diesem Ort begegnen wir auch das erste Mal Jen, die sich bereits jetzt äußerst interessiert am "Grünen Schicksal" und dem Leben der Schwertkämpfer zeigt und erfahren, dass auch Yu Shu Lien die Kunst der Waffen beherrscht, ebenso wie die Regeln und Umstände, die dieses Leben mit sich bringt. Während dieser Szene wird bewusst auf die Rolle der Frau samt ihrer Verpflichtungen eingegangen, denn die Hochzeit ist für sie der "wichtigste Schritt im Leben", der der Braut allerdings auch die Freiheit nehmen kann. Es kommt das erste Mal der Verdacht auf, dass Jen nicht unbedingt dem Bild einer folgsamen und naiven Ehefrau entspricht. Dieser bestätigt sich noch einmal kurz vor Schluss der Exposition, wenn Jen jähzornig meint, es "wird sich (durch die Hochzeit) nichts ändern".

In der Exposition wird das einzige Mal explizit die politische Situation jener Zeit angesprochen. Die kaiserliche Welt ist von Unruhen geprägt, die Kunst des Regierens besteht darin, das Harte mit dem Sanften zu vereinigen. Es lässt sich nur erahnen, vorausgesetzt man kennt sich ein wenig in der Geschichte des Landes aus, dass wir uns im 19. Jahrhundert, den letzten ruhmreichen Jahren der altehrwürdigen Quing Dynastie befinden. Dem alten China stehen große Veränderungen bevor, eingeläutet durch den das Land überschwemmenden Opiumhandel.

Mit der gerade erwähnten Darstellung der Vielschichtigkeit des Charakters von Jen und der möglichen Gefühle zwischen Li Mu Bai und Yu Shu Lien nimmt die Spannungskurve ihren Anfang. Verknüpft werden die Handlungsfäden durch das erregende Moment: den Diebstahl des "Grünen Schicksals". Mit den einhergehenden Kämpfen wird entsprechend eines klassischen Dramas das Handlungsgeschehen beschleunigt und die Spannung gesteigert. Gleichzeitig werden letzte Details geklärt. Der Einbruch in Tie Beiles Arbeitszimmer gibt abermals einen Hinweis auf den Ort, an dem wir uns befinden. In Bejing gingen die Fenster zur damaligen Zeit nämlich nur nach oben auf. Es entspinnt sich der Handlungsfaden rund um Jadefuchs, die nicht nur Li Mu Bais Meister auf dem Gewissen hat. Die Suche nach dem Dieb, von Yu Shu Lien ausgehend, führt uns immer näher zu Jen, deren Wesen zunehmend komplexer erscheint. Die Szene, in der Jen Kalligraphie übt, geht abermals auf den historischen Rahmen ein. Das Schreiben deutet darauf hin, dass die ausführende Person gebildet ist. Anderes durften aber gerade Frauen nicht schreiben, da sie dadurch lernen sollten, Haltung zu bewahren und still zu sitzen, eben sich anpassen. Jen muss es tun, weil sie ein junges Mädchen der Mittelklasse ist. Die ersten Bilder, die man sieht, sind sehr gerade, sehr gezwungen, sehr korrekt aber als sie Yu Shu Lien ihr Können zeigt, werden die Lettern geschwungener, ungebändigter, wobei Yu sofort den Bezug zum Schwertkampf anführt. Im Gespräch ist zu erkennen, wie unterdrückt Jen wirklich ist, was unterstrichen wird von der Darstellung Jens in engen Räumen und formeller Kleidung, wenn es um ihr "normales" Leben geht.

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In der ansteigenden Handlung wird auch die Beziehung zwischen Li Mu Bai und Yu Shu Lien klarer, dennoch kommt es noch nicht zum Eingeständnis der Liebe, was die Neugier des Zuschauers weiterhin beflügelt. Li Mu Bai trifft dann im Verlauf eines Kampfes auf Jadefuchs. Besonders auffallend im Verlauf dieses Kampfes und typisch für das Wuxia Genre ist, den Namen des Meisters vor dem Kampf zu nennen, das Men Hu. Dies ist eine Formalität des Kampfes, die klärt, nach welchen Regeln man kämpft und in welche Richtung man geführt wurde. Zusätzlich erfahren wir Jadefuchs Motiv gegen die Männerwelt und vor allem Li Mu Bais Meister aufzubegehren: "Dein Meister hielt nicht viel von Frauen. Er wollte mit mir schlafen, aber mir nicht die Kampfkunst beibringen. Deshalb hatte er es verdient, durch die Hand einer Frau zu sterben." In der darauffolgenden versuchten Rückgabe des Schwertes durch den Dieb an Li Mu Bai vollzieht sich ein Bruch im Genre: Normalerweise sucht ein Schüler einen Meister, nicht umgekehrt. Im folgenden Kampf zeigen sich dann Li Mu Bais unglaubliche Kampfkünste und sein edler Charakter, indem er zum einen alle Bewegungen seines Gegners vorausahnt und zum anderen, den Dieb nicht demaskiert und sich auch im Kampf zurückhält und niemals bis zum Äußersten geht.

Gesteigert wird das Konfliktpotential noch einmal durch die sich wandelnde Beziehung zwischen Jadefuchs und Jen, die sich dem Zuschauer inzwischen als Schüler von Jadefuchs und als Dieb des Schwertes zu erkennen gegeben hat. Die Schüler Meister Tradition gerät ins Wanken, da Jen besser kämpft als Jadefuchs und dieser gegenüber auch nicht ganz ehrlich war, was wiederum deren Egozentrik und Willenskraft betont. Ergänzt wird die Beschreibung von Jens Charakter durch die Wüstensequenz, in der die kämpferische, undankbare und biestige junge Frau auch Schwächen zugibt. Sie ist durchaus in der Lage, zu lieben, sich einem Mann hinzugeben, ohne sich jedoch selbst aufzugeben. Bei den Kämpfen mit Lo ist alles erlaubt: Karate, Ringkampf usw. Sie sind freie Wesen. Hier ist der Einfluss der Umgebung und der Geschichte wieder deutlich: das Diebesgut in der Höhle stammt von der Seidenstrasse, der Handelsroute zwischen China und Europa.

Des weiteren spielt in der Wüstensequenz der Fuß eine entscheidende Rolle: zum einen gilt er als behütetes Körperteil, dass Lo bei Jen, welche sich ihm hingibt, entdecken möchte. Zum anderen gibt er Auskunft über die Hintergründe jener. Sie ist Mandschu und Dame der Gesellschaft, deren Merkmal gebundene Füße sind. Doch Jen selbst trägt einfache Holzschuhe, ein Zeichen ihres Wunsches, anders zu sein. Auch die Kleidung vermischt nun mehrere Stile. Erst in der Freiheit der Wüste und mit der Liebe zu Lo, der mit ihrem Wesen umzugehen vermag, weil es dem seinen gleicht, erscheint sie wirklich glücklich. Doch auch diese Idylle wird zerstört, da die Bindung zu ihrer Familie und den damit verbundenen Konventionen sehr stark ist. Jen arrangiert sich letztendlich mit ihrer erzwungenen Hochzeit, flieht dann aber mit dem grünen Schwert. Li und Yu verfolgen sie. Hierbei wird das Thema der verleugneten Gefühle wieder in den Mittelpunkt gerückt, weil es Li Mu Bai erneut nicht wagt, seinen Gefühlen gegenüber Yu Shu Lien Ausdruck zu verleihen.

Auf ihrer Reise kommen zudem ernste Zweifel an der Entscheidung Jens auf, denn auch wenn sie frei ist und einem Leben als Schwertkämpfer nachgehen kann: sie ist allein. Dies treibt sie in die Arme ihrer Freundin Yu Shu Lien zurück. Dieser Besuch mündet in der Peripetie und dem Klimax (Höhepunkt). Jen vermutet eine Falle, die sie die Freiheit kosten könnte, die ihr so wichtig ist. Die Handlung schlägt um: Jen wendet sich gegen ihre letzten wahren Freunde Li Mu Bai und Yu Shu Lien und treibt somit auf die Katastrophe zu.

Die Verschleppung Jens durch Jadefuchs verzögert dabei in Funktion des retardierenden Moments noch einmal die Handlung, die Spannung steigt.

In der Katastrophe findet der dramatische Konflikt schließlich seine Lösung. Die heilige Meisterbeziehung wird ad absurdum geführt, da Jadefuchs ihre eigene Schülerin töten will, wobei allerdings Li Mu Bai tödlich verletzt wird. Der große Meister wird durch eine winzige Nadel getroffen. Diese Schlüsselsituation beeinflusst beide Handlungsstränge: Jen erkennt ihre Fehler und auch Li Mu Bai gesteht Yu Shu Lien, sein ganzes Leben verschwendet zu haben, da er die Stimme seines Herzens nie wirklich beachtete. Die Frage nach dem Sinn des Lebens scheint geklärt, auch wenn die betreffenden Individuen gescheitert sind.

Denn dies sind sie definitiv: auch wenn Jen vergeben wird, ihr starkes Wesen kann sich selbst nicht verzeihen. Und obwohl sie nun das Ziel ihrer Wünsche erreicht hat, ein Leben mit Lo und der Unterricht im Wudang Kloster, wählt sie den Freitod, um ihre Seele zu reinigen. Mit dieser Katharsis schließt der Film und auch der Vergleich mit einem klassischem Drama.

Ich denke, es wurde auf diese recht ausführliche Art und Weise klar, dass hinter dem scheinbar so simplen Storygerüst dieses Filmes unglaublich viel versteckt ist. Jede kleine Geste scheint mit Bedeutung aufgeladen, kleinste Details wie die Schuhe einer Figur geben Auskunft über ihren Charakter und alles erscheint zu jedem Moment absolut glaubhaft und schlüssig, was die Story selbst in kleinsten Details zu einem kleinen Meisterwerk geraten lässt. Doch bisher haben wir nur an der Oberfläche gekratzt. Tauchen wir ein in die Geheimnisse von Ang Lees Meisterwerk ...

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Der geschichtliche Hintergrund

Tiger & Dragon ist definitiv ein Fantasy Film, daher spielt eine geschichtliche Unterfütterung der Story eigentlich keine allzu große Rolle. Dementsprechend findet sich im Film auch nur eine bereits erwähnte Stelle, in der offensichtlich auf die geschichtliche Situation in dem damaligen China eingegangen wird. Aus dem Gespräch zwischen Tie Beile und Gouverneur Yu (und vor allem auch aufgrund ihres Äußeren) kann man schließen, dass die Handlung von Tiger and Dragon im frühen 19. Jahrhundert spielt. Einer Zeit in der sich China im Stadium der Feudalgesellschaft unter Kaiser Ch'ein-lung (ab 1769) befand, welcher Angehöriger der Quing Dynastie war. Die Quing Dynastie war die letzte der großen Herrscher-Dynastien in China, die von 1644-1911 die Kaiser stellte. Die Quing Herrscher stammten aus der Mandschurei, sahen sich gegenüber der chinesischen Bevölkerung als privilegiert und übten starken Druck auf die Chinesen aus. So mussten sich die Untertanen ihre Köpfe halb kahl scheren lassen und einen Zopf tragen, was der Haartracht der Herrscher entsprach. Und diese Frisur findet man in Tiger und Dragon bei fast allen männlichen Hauptfiguren, abgesehen von dem rebellischen, sich sämtlichen Zwängen entziehenden Lo.

Auch wenn das Volk den verschiedensten Repressalien ausgesetzt war, gelangen der Quing Dynastie nach Unsicherheit und Misswirtschaft am Ende der vorhergehenden Ming Dynastie viele Verbesserungen in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht. So führten sie die lebensnotwendig gewordenen Bewässerungsanlagen in China ein. Beherrscht wurde das gesamte Leben von der Philosophie des Konfuzianismus, der viele zwischenmenschliche Fragen aufwarf wie: Welchen Stellenwert hat der Mensch im Universum? Was ist also der Sinn des Lebens? Und: Wie finden die Menschen eine soziale Ordnung und Harmonie? Der Einfluss des Konfuzianismus auf das politische Leben stellte sich wie folgt dar: Die Machtstellung des Kaisers war durch den Konfuzianismus vorgegeben. Man spricht hierbei vom Staatskonfuzianismus, der sich im zweiten Jahrhundert v. Chr. herausbildete. Als Sohn des Himmels nahm der Kaiser eine Mittlerrolle zwischen Himmel und Erde ein. Vom Himmel erhielt er den Auftrag, die Welt, die man als Abbild des Kosmos begriff, zu ordnen. Ordnung herrschte immer dann, wenn die Glieder der menschlichen Gesellschaft - entsprechend den Himmelskörpern - den ihnen gebührenden Platz in einer Hierarchie von Über- und Unterordnung einnahmen. Kinder waren dem Vater, Frauen den Männern, Jüngere den Älteren und die Untertanen dem Kaiser untergeordnet und zu absolutem Gehorsam verpflichtet.
Nach Konfuzius soll der Herrscher kraft seiner Tugend als Vorbild für die Menschen dienen.
Genau diese strikte Ordnung und eben auch die Unterordnung unter Zwänge ist das Element, dass sich Ang Lee aus dieser Philosophie herausgenommen hat, um seine Charaktere dagegen rebellieren zu lassen.

In dem Gespräch klingt auch an, dass das Ende der herrschenden Dynastie bevorstehe und dies hatte fatale Folgen für China: Im Inneren begann China Ende des 19 Jahrhunderts zu stagnieren. Vor allem die letzten Qing Kaiser taten wenig, China mit Reformen weiter zu entwickeln. Die vielen großen technischen Erfindungen Chinas wurden nicht weiterentwickelt. Im 19. Jahrhundert geriet China immer stärker in die imperialistische Einflusssphäre des britischen Empire und anderer westlicher Mächte. Beim damals betriebenen Tauschhandel wurde von den Engländern vor allem Opium als Zahlungsmittel für den Tee benutzt. Die Folge war eine verheerende Ausbreitung der Opiumsucht. Die chinesische Regierung versuchte dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten und vernichtete 1839 eine Jahreslieferung an Opium, was zu den Opiumkriegen (1840 und 1860) mit den übermächtigen Engländern führte. China wurde nach seiner Niederlage gezwungen, die Insel Hongkong an England abzutreten und Shanghai praktisch den europäischen Handelskompanien zu überlassen. Der wachsende westliche Einfluss ließ ganz China fast auf die Stufe eines Kolonialstaates zurückfallen. Weitere Gründe für den Niedergang der Quing Dynastie waren die Bevölkerungsexplosion und die Taiping Revolution 1851 - 1864 unter der Führung von Dr. Sun Yat-sen, die eine der bedeutendsten Volksaufstände Chinas war und hervorgerufen wurde durch die Verarmung der Bevölkerung, Überschwemmungen, Dürren und daraus resultierende Hungersnöte. Dieser Aufstand wurde nach 14 Jahren von der Regierung niedergeschlagen, gilt aber dennoch als Anfang vom Ende der Feudalherrschaft. Nach der bürgerlichen Revolution 1911 wurde die Quing Dynastie dann endgültig gestürzt und dem mehr als 2000 Jahre über China herrschenden feudalen monarchischen System mit der Gründung einer provisorischen Regierung der Republik China ein Ende gesetzt.

Damit wissen wir, wo wir Tiger and Dragon zeitlich zu verorten haben. Irgendwo zwischen Blütezeit und allmählichen Untergang der Quing Dynastie. Wenden wir uns nun dem Begriff des Martial-Arts-Genres zu. Was ist das eigentlich für ein Genre?

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Martial Arts

"Ich glaube, man ist kein echter Filmemacher, bevor man nicht einen Martial-Arts-Film gedreht hat." (Ang Lee) Aber hat Ang Lee wirklich "nur" einen Martial-Arts-Film gedreht, oder hat er es geschafft, selbst dieses alte Genre mit neuen Ideen zu beleben? Deshalb soll nun zunächst eine Abhandlung über den Martial-Arts-Film erfolgen, in dem wichtige Begriffe wie Wuxia, Wudang, Daoismus, und Kung-Fu eine Rolle spielen werden. Wo sollen wir bei diesem relativ umfangreichen Thema beginnen? Nun, ein kurzer Überblick über das Wuxia-Genre, sollte einen guten Einstieg darstellen.

Die Martial-Arts-Filme werden auf chinesisch Wuxia genannt. Der Begriff Wuxia stammt eigentlich aus der Literatur: "Wuxia xiaoshuo" ist der chinesische Genrebegriff für Romane, die von kriegerischer Ritterlichkeit oder Kampfkunst handeln. Im weltweiten Fachgebrauch hat sich allerdings für den Begriff der Kampfkunst die englische Bezeichnung "Martial Arts" eingebürgert. Verallgemeinernd nutzt man heute auch die Begriffe Kung-Fu-Filme oder Eastern für Filme des Wuxia-Genres. Wuxia lässt sich in mehrere Subkategorien unterteilen: Wuxia-Filme war zuerst vornehmlich für die chinesische Form des Ritterfilms reserviert, also für Filme über Schwertkämpfer, Schlachten, Soldaten- und Reiterkämpfe, die überwiegend an historischen oder pseudohistorischen Schauplätzen spielten. Etwa Mitte der Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelte sich eine andere Subkategorie: der Kung-Fu-Film, der den Faustkampf, im Sinne der chinesischen Kampfkunst Wushu, in den Mittelpunkt rückte. Im Hongkong Film gehören sowohl ein großer Teil des Horror- und Fantasy Films als auch Adaptionen von Wuxia in zeitgenössischen Stunt- und Actionfilmen und im Heldenfilmgenre zu dem Wuxia-Genre.

Was macht nun das Phänomen Martial Arts aus? Was sind seine Ursprünge, Bedeutungen und Klischees und was macht seine Attraktivität für den asiatischen Film aus? Im Martial-Arts ist Wissen Macht. Die Verbreitung dieses Leitspruches hat allerdings erst die Massenkultur erlaubt, denn in Wahrheit waren in der Vergangenheit Soldaten und Krieger in China eine verpönte, niedere und nicht selten verbotene Kaste, in der die meisten der Mitglieder nicht einmal lesen konnten. Man glaubt, im Zusammenhang mit diesem Leitsatz, dass eine wie auch immer geartete Technik eines Gegners mit einer Gegentechnik gekontert oder sogar aufgehoben werden kann. Der Beherrschung einer solchen Fähigkeit geht ein hartes Studium, große Selbstdisziplin und der Aufbau eines umfangreichen, nicht selten geheimnisumwitterten Informationsapparats voraus.
So wird in Tiger & Dragon auf das Handbuch der Wudang-Kampfkunst eingegangen, nach dem zum Beispiel Li Mu Bai sein Handeln ausrichtet und welches die Grundlage für seine Ausbildung durch seinen Meister (Storch aus dem Süden) war. Hier wären wir bei einem nächsten wichtigen Begriff in Bezug auf Tiger & Dragon angekommen und wollen nun einen kleinen Exkurs zu dem Thema Wudang und dem eng damit verbundenen Begriff des Daoismus unternehmen, um dann wieder zu dem Begriff des Martial-Arts-Filmes zurückzukehren.

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Exkurs: Wudang und Daoismus

Der Begriff Wudang steht für den Namen eines Berges und eines Klosters, das sich auf ebenjenem befindet. In diesem Kloster findet der Film mit dem Tode Jens sein dramatisches Ende. Das Kloster stellt auch noch heute das Zentrum daoistischer Kampfkunst dar. In Europa ist der Shaolin Tempel wesentlich bekannter, wo die Mönche eine buddhistisch orientierte Kampfkunst begründeten. An den zugrundeliegenden religiösen Auffassungen sieht man, dass Wudang und Shaolin gegensätzliche Richtungen verkörpern. Der dem Wudang zugrundeliegende Daoismus basiert auf der Arbeit chinesischer Philosophen, die im 4. und 5. Jahrhundert v. Chr. damit begannen, Gedanken und eine Lebensweise zu beschreiben, die später unter dem Namen Daoismus bekannt wurden - der Weg des Wassers. Was das heißen soll, kann man vielleicht am besten verstehen, wenn man sich den Kreislauf des Wassers vorstellt. Wasser ist ein Element, dass sich hervorragend anpassen kann, das sowohl weich und nachgiebig als auch sehr stark und kraftvoll sein kann. Es ist ständig in Bewegung. Wasser kann ruhig dahin strömen oder auch mal ausbrechen und überlaufen, nur um dann wieder zurückzuweichen. Kurz - es ist wie das Leben.

Im Mittelpunkt dieser Philosophie stand die Beziehung des Menschen zur Welt und sein vernünftiger Umgang mit der Natur. Nach daoistischer Auffassung ist es notwendig, die Winde, die Gezeiten, die Strömungen, die Jahreszeiten und das Prinzip des Lebens zu verstehen. Deshalb muss jegliches Tun in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen geschehen.

Die Grundlage dieser Philosophie bildet der Gedanke, dass in allem Bestehenden zwei entgegengesetzte Prinzipien wirksam sind, ein männliches (Yang) und ein weibliches (Yin). Oder anders ausgedrückt: dieser Philosophie liegt die Annahme zugrunde, dass das Universum aus dem Zusammenspiel von zwei sich ergänzenden und zugleich entgegengesetzten Kräften besteht, dem Maskulinen und dem Femininen, dem Festen und dem Weichen, dem Aktiven und dem Passiven, dem Licht und dem Dunkel. Eine toller Umsetzung des Yin-Yang-Prinzips findet man in den Aufeinandertreffen von Li Mu Bai und Jadefuchs. Li Mu Bai ist als Held immer weiß gewandet und entspräche bei dem Yin-Yang-Zeichen dem Yang, dem Hellen, dem Licht. Doch in keinem Film kann das Gute ohne das Böse, das Dunkle existieren. Daher ist Jadefuchs bei beiden Aufeinandertreffen schwarz gekleidet und würde somit dem Schatten, der schwarzen Seite des Symbols, dem Yin entsprechen. Und wenn man dieses Prinzip konsequent auf den Film anwendet, ist der Tod Li Mu Bais nach Jadefuchs Ableben fast schon zwingend, denn nach der Auffassung, die hinter dem Yin-Yang-Prinzip steht, sind Yin und Yang nicht voneinander trennbar. Beide gemeinsam ergeben den "Tao", den Weg. Das eine kann ohne das andere nicht existieren, sie sind untrennbar miteinander verbunden. Für die Daoisten sind Gut und Böse, Schönheit und Hässlichkeit, Liebe und Hass untrennbar miteinander verbunden. Niemals kann eine Seite die Oberhand gewinnen oder behalten.

Der Mensch erreicht die Übereinstimmung mit dem "Tao", indem er nach seiner eigenen Natur lebt und sich von allen Lehren und von allem Wissen befreit. Aus dem Tao bezieht er mystische Kräfte (Tô). Diese machen es möglich, alle weltlichen Unterschiede, sogar den Unterschied zwischen Leben und Tod, zu überwinden.

Warum nun Ang Lee ausgerechnet den Wudang-Kampfstil einsetzte, dürfte durch diese Erklärung des Daoismus offensichtlich geworden sein. Denn wie fortfolgend dargestellt wird, spielt die Emanzipation der Figuren für Lee immer eine wichtige Rolle. Und was ist in diesem Zusammenhang idealer, als eine Kampfsportart zu wählen, die auf einer religiösen Sichtweise basiert, welche den Individualismus zu einer Zeit befürwortete, als der Konfuzianismus forderte, der Einzelne habe sich der Gesellschaft unterzuordnen. Außerdem kam der Ansatz mit den mythischen Kräften, die der Kämpfer erlangen kann, wenn er seinen "Tao" beschreitet, der Darstellung der schwerelosen Kämpfe sehr entgegen. Doch dazu gleich mehr.

Wie ist die Wudang-Kampftechnik entstanden? Hierbei beruft man sich auf eine Sage über Lu Dongbin (einen von 8 Tao Göttern) und Zhang Sanfeng (einen Tao Priester), die diesen Kampfstil gemeinsam entwickelt haben sollen. Wudang gilt gemeinhin als orthodoxe Schule des Kung-Fu. Jede Handlung muss schnell und intuitiv erfolgen, weshalb Wudang-Kämpfer jede ihrer Bewegungen durch ständiges Training perfektionieren. Der Kämpfer beobachtet seinen Gegner und führt jeden seiner Schritte als Antwort auf die Schritte des Gegners aus. Der taoistische Kämpfer handelt nach der Überlebens- und nicht nach der Angriffsstrategie. Wichtigste Eigenschaften der Wudang-Kampftechnik sind:
1.Flexibilität: Der Kämpfer verkörpert einen Bambushalm - weich und gleichzeitig fest. Das bedeutet, der Daoist weicht den Angriffen geschickt aus und handelt kraftsparend, bis der Gegner seine Energie verbraucht hat und schlägt ihn dann. Man spricht auch vom Sieg ohne zu kämpfen. In einem Dialog kann Ang Lee sogar den Vergleich eines Kämpfers mit einem Bambushalm einbauen. Ansonsten findet er viele bildliche Entsprechungen dieses Prinzips. Da wäre zunächst der erste Kampf zwischen Jen und Li Mu Bai. Li Mu Bai ist während des Kampfes die Ruhe selbst. Er greift so gut wie gar nicht an und reagiert nur sparsam auf die Attacken Jens, die mit der Zeit tatsächlich nachlässig, unvorsichtig und übereilt zuschlägt und immer mehr Fehler macht. Die wohl beste bildliche Entsprechung findet man in der Szene, in der sich Li Mu Bai und Jen auf einem Bambus-Halm gegenüberstehen. Dieser biegt sich zwar vollkommen durch, bricht aber nicht und hält das Gewicht der beiden. Li Mu Bai steht auf der leicht dahinschwingenden Spitze, ruhig und besonnen und verkörpert somit das Weiche. Doch kaum bemerkt er einen Moment der Schwäche, attackiert er Jen, der Bambushalm geht sofort in seine (harte) Ausgangsstellung zurück. Ein besseres Bild für die Auffassung, dass der Kämpfer einem Bambushalm entspricht, konnte man kaum finden. Denn genau wie der Halm ist Li Mu Bai zugleich weich und fest.

In dieser Szene findet der kundige Genre-Fan eine offenkundige Hommage an einen Klassiker des Martial-Arts-Genres: "Touch Of Zen" von King Hu. In diesem Film wurde das erste mal mit scheinbar schwerelos "fliegenden" Kämpfern gearbeitet. Der Film selbst gilt als Wegbereiter für die modernen Martial-Arts-Fantasy-Filme, ohne den Streifen wie "A Chinese Ghost Story", "Peking Opera Blues", "Iron Monkey" oder "Once Upon A Time In China" nicht denkbar gewesen wären. Allerdings fand bei King Hu der Kampf IN und nicht AUF dem Wald statt! Des weiteren passen Schwertkampf und Bambus rein bildlich auch sehr gut zusammen. Denn in jedem noch so harten Schwert steckt auch immer Elastizität.

2.Leichtigkeit: Hier sei das Ching Gong erwähnt. Man spricht hierbei von dem erleuchteten Kung-Fu, wobei die Kämpfer nicht fliegen, sondern einen "Sprung ohne Gewicht" ausführen. Dies geschieht in Tiger & Dragon in so gut wie jeder Kampfszene. Von diesen gewichtlosen Sprüngen gibt es zwei Formen: eine Art Hochsprung (z.B.: Häuserwände hoch) und eine Variante, bei welcher der Körper leichter wird und nahezu zu fliegen scheint. Die Grundlage für diese Sprünge ist das Erreichen der Erleuchtung, wodurch der Kämpfer leichter wird, da sich seine Körperdichte ändert. Das innerhalb des Wudang auch mystische Kräfte eine Rolle spielen können, wurde ja bereits erwähnt.

Außerdem seien noch folgende Grundsätze erwähnt, die sich ebenfalls in fast allen Kämpfen des Filmes wiederfinden: Besonnenheit, Umkehr, Beständigkeit, Präzision.
Damit sei der Exkurs über Wudang und Daoismus abgeschlossen und wir wollen uns nun wieder den Martial-Arts zuwenden.

Exkurs Ende

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Das Wuxia Genre hatte schon vor seinem filmischen Siegeszug eine lange Tradition in der chinesischen Kunst- und Literaturgeschichte hinter sich. Geschichten über den chinesischen Ritter, den 'Xia', waren für das chinesische Publikum weitaus attraktiver, als es die vergleichbare Ritterromantik für westliche Zuschauer oder Leser war. Der Xia war ein fahrender Ritter, der aus jeder Gesellschaftsschicht stammen konnte. Im Wuxia selber ging es somit um Ritterlichkeit, der das Konzept des fahrenden Ritters zu Grunde lag. Viele dieser Rittergeschichten waren literarische Erzählungen von Gelehrten, andere waren einfach mündlich übertragene Geschichten in volkstümlicher Sprache oder einfachen Versen. Im 17. Jahrhundert hatten sich diese Formen zu einem blühenden literarischen Genre entwickelt, das sich auf herumziehende Krieger(innen) bezog, welche sich durch Mut, Ehrgefühl und Kampfgeschick auszeichneten. Mit der Zeit kamen magische Elemente in dem Genre dazu. Die Helden konnte plötzlich Feuerbälle schleudern oder den bereits erwähnten gewichtlosen Sprung ausführen. Auch fanden Geschichten über Geister und Dämonen, Besuche im Totenreich, weibliche Fuchsgeister, hüpfende Vampire und Exorzismus reißenden Absatz. Eine Enzyklopädie namens "Erweiterte Aufzeichnungen aus der Taiping-Ära", die eine Sammlung von übernatürlichen Erzählungen und Rittergeschichten darstellte und um 976-983 zusammengestellt wurde, enthielt schon alle Phänomene, die bis heute für Wuxia charakteristisch sind: neben der Kampf- und Schwertkunst tauchen ganz besonders das "Auf-Dachvorsprünge-fliegen-und-auf-Mauern-laufen", das Fliegen und Verschwinden auf. Anfang des 20. Jahrhunderts traten die ersten Autoren für den Massenkonsum auf. In den 50-iger Jahren revolutionierte die bisher letzte Generation von Wuxia-Autoren das Genre. Seinen letzten großen Boom erlebte das gedruckte Genre in den neunziger Jahren auf dem Comic-Sektor, in Form der japanischen Mangas.

Das Wuxia-Genre befand sich in einem konstanten Wechselwirkungsprozess. Es wirkte auf ein Publikum ein, das zu einer Gesellschaft gehörte, welche ständigen Wandlungen unterworfen war. Diese Wandlungen wiederum nahmen Einfluss auf das Genre. In der späten Tang Dynastie kursierten Rittergeschichten in einer Bevölkerung, die sich von den damaligen Warlords zu befreien versuchte. In den Yuan und Song Epochen bestand unter einer korrupten Regierung und unter Fremdherrschaft das Verlangen nach Vertretern der Gerechtigkeit. In den Ming und Quing Epochen kämpften die Ritter auf Seiten des Gesetzes, wie es das konfuzianische Zeitalter von ihnen verlangte. Mit dem Niedergang der chinesischen Stärke im 19. Jahrhundert spiegelte sich in der Literatur das Wunschdenken einer Nation wieder und für die Neuzeit stellt Wuxia weitgehend eine Alltagsfluchtmöglichkeit dar, die auch ihren Eingang in den Film gefunden hat.

In den siebziger Jahren kamen Martial-Arts zum ersten Mal in die Nähe der Definition von "Technologie", denn Bruce Lee oder Jackie Chan verwandelten sich durch Martial-Arts in Kampfmaschinen. Bruce Lee galt gar als Verkörperung einer "totalen Waffe" und er wurde zu einer Identifikationsfigur. Den Hauptabsatzmarkt für die Kung-Fu-Filme der siebziger Jahre, die man im Westen als Eastern bezeichnete, stellten China und ethnische Randgruppen westlicher Gesellschaften dar. Anti-westliche Züge in den Bruce Lee Filmen machten ihn und seine Filme speziell in den USA bei Immigranten, Puerto Ricanern und Schwarzen beliebt. Bruce Lee war dort zu einem Idol avanciert. Seine Gesten und Kampftechniken wurden kopiert und nachgeahmt.
Bruce Lee und Martial Arts repräsentierten insbesondere für die Chinesen, die sich durch Kolonisation und Imperialismus vom Westen gedemütigt sahen, eine Art Rückgewinn ihres Ehrgefühls. Beinahe legendär ist die Stelle in "Todesgrüße aus Shanghai", als Bruce Lee das Schild mit der Aufschrift 'Zutritt für Hunde und Chinesen verboten' zerstört.

Aber Bruce Lee war beileibe nicht der einzige Kung-Fu-Star: David Chiang und Ti Lung standen ihm an Popularität in nichts nach und gelangten sogar schon vorher zu Starruhm. "Die tödlichen Zwei", so der Titel einer ihrer Filme, ist bezeichnend für ihr Schaffen, zog doch mit diesem Film die Männerfreundschaft in das Hongkong Kino ein. Die Kampfszenen in ihren Filmen wurden noch nicht durch bestimmte Kampftechniken oder einen Stil bestimmt. Im Mittelpunkt standen die Dynamik der Bewegungen sowie eine flüssige Choreographie. Ähnlich bekannt wie David Chiang und Ti Lung waren damals auch Angela Mao Yin, Alexander Fu Sheng oder Jimmy Wang Yu. Es folgte eine Ära von Filmen, in denen fast lehrfilmartig richtige chinesische Kampfstile auftraten.
Mit der amerikanischen Fernsehserie "Kung Fu" (1972 - 1975) fand der Kung-Fu-Film seinen Weg in die internationalen Wohnzimmer. David Carradine spielt den Shaolinmönch Kwai Chang Caine, der vor den kaiserlichen Häschern in die USA flieht. Für die Originalserie war eigentlich Bruce Lee vorgesehen, doch die amerikanischen Produzenten wollten keinen chinesischen Hauptdarsteller. Dafür tritt 20 Jahre später Lees Sohn Brandon in "Kung Fu - Der Film" als Caines verschollener Sohn auf. Neben ihrer Bedeutung für die Filmgeschichte beeinflussten die Filme aus Hongkong auch das kulturelle Leben der westlichen Welt. In den 70-iger Jahren gab es einen wahren Run auf Kampfsportschulen. Der Musik Hit "Kung Fu Fighting" und ein Bruce-Lee-Starschnitt in der Jugendzeitschrift "Bravo" sollen hier stellvertretend für die Kung-Fu-Hysterie in diesen Jahren stehen.

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In den achtziger Jahren existierten zwei Strömungen innerhalb des Wuxia Genres. Während man in historischen Wuxia oder Fantasy Produktionen aus Hongkong häufig auf die Entstehungsgeschichte von Kung-Fu oder die Techniken des Erlernens und ihrer korrekten Ausübung trifft, wird in Adaptionen von Wuxia in zeitgenössischen Action- oder Gangsterfilmen das Wissen um martialische Techniken und Strategien sowie um zugrundeliegende gesellschaftliche Strukturen einfach vorausgesetzt. Somit setzten diese Filme Wissen voraus, mit dem nur gewisse Bevölkerungsschichten wie Sportler oder Fangruppierungen vertraut waren. Dies war ein Grund dafür, dass Martial-Arts-Filme im Westen lange nur ein relativ zweitklassiges Dasein führten. Dafür wurde 1982 durch den Film "Shaolin Temple" die Kung-Fu-Begeisterung in der Volksrepublik China, die in den 70-iger Jahren Kung-Fu als "Unfug aus der Zeit des Feudalismus" ideologisch verdammte und daher die Kung-Fu-Filme Hongkongs auch nicht beachtete, ausgelöst. Der Hauptdarsteller und chinesische Wushu-Weltmeister Jet Li wurde zum nationalen Idol in China und zu der zentralen Figur des Kung-Fu-Films. Kung-Fu wurde nun offiziell als Sport mit positiven charakterbildenden Eigenschaften eingestuft und gefördert. Selbst in den entferntesten Provinzen Chinas entstanden neue Kampfschulen. 1983 stemmt die Volksrepublik mit "Kung-Fu: Die Tochter des Meisters" ihren ersten Kung-Fu-Film in Eigenproduktion. Während in China Kung-Fu-Filme boomten, spielten sie im Hongkong der 80-iger Jahre kaum noch eine Rolle. Dennoch fanden Kung-Fu-Szenen nach wie vor Eingang in die verschiedensten Action-, Kriminal-, Geister- und Gangsterfilme. Auch die Actionfilme des Schauspielers und Regisseurs Jackie Chan wären ohne atemberaubende Kampfszenen undenkbar. Chan nutzte die Zeit, um seine frühen Kung-Fu-Komödien weit hinter sich zu lassen und statt dessen eine eigene, dynamische Körpersprache zu entwickeln, die er mit - für ein westliches Publikum teils seltsam anmutenden - Slapstickeinlagen verband.

In den 90-iger Jahren wurde Wuxia zu einem Ausdruck und Phänomen der chinesischen Massen- und Populärkultur. In der Massenkultur verstärkten die Rezipienten den Gattungscharakter von Wuxia noch, da sie zumeist ein abgeschlossenes Zielpublikum darstellten, das mit der Terminologie und allen typischen Strukturmustern vertraut war. Das Wuxia wurde zu einem Genre, mit dessen Elementen insbesondere Chinesen vertraut waren. Am wichtigsten war diese Epoche aber vor allem in Hinblick auf die Tatsache, dass der Kung-Fu-Film seine Wiedergeburt in Hongkong erlebte, denn mit dem Film "Once Upon A Time In China" erweckte Regisseur und Produzent Tsui Hark 1991 das Kung-Fu-Genre in Hongkong zu neuem Leben. Die beiden Hauptdarsteller Jet Li und Yuan Biao zeigten in dem Film, der von dem chinesischen Nationalhelden Wong-Fei-Hong erzählte, Kämpfe von atemberaubender Rasanz, die neue Maßstäbe für die nachfolgenden Filme setzten. Die Schöpfer des Filmes verbanden Kampftechniken verschiedener Stile mit Akrobatik, gewagten Stunts, aufwendigen Tricks und geschickten Schnitten. Ähnlich wie Bruce Lee ist auch Jet Li längst nicht der einzige Kung-Fu-Star seiner Zeit. Es gibt Unmengen an modernen Kung-Fu-Kämpfern, wie zum Beispiel Yu Rong Guang oder Donny Yen.

In der Folge entstanden wahre Meisterwerke des Genres wie "Jiang Hu-Magie des Schwertes", "A Chinese Ghost Story", "Iron Monkey", "Tai-Chi", "Chinese Swordsman" oder "The Blade" geschaffen von Regisseuren wie Ching Siu Tung, Ronny Yu, Yuen Woo Ping oder eben Tsui Hark, der als Regisseur und Produzent eigentlich an fast allen wichtigen Werken des 90-iger Jahre Kung-Fu-Films beteiligt war. So viel zu dem Thema Martial Arts im Film. Aber hat nun Ang Lee eigentlich einen typischen Martial-Arts-Streifen gedreht?

Ist Tiger und Dragon ein typischer Martial-Arts-Film?

Die Antwort lautet: Ja und Nein.
Ja, weil sich Ang Lee sehr an die verschiedensten Klischees des Genres gehalten hat und sich so vor dem Genre verbeugt So stellt er Figuren in den Mittelpunkt, die immer unterwegs sind und selten an einem Ort verweilen, was vor allem an Li Mu Bai offensichtlich wird, der wohl am ehesten dem Bild des fahrenden Ritters entspricht. Alle Figuren sind geübt in der Anwendung von Martial-Arts, wenn auch von verschiedenen Kampfstilen. Die Kämpfer nennen vor jedem Kampf den Namen ihres Meisters, was ein Ritual (das Men Hu) darstellt, das in fast allen Kung-Fu-Filmen vorkommt. Auch kommt es in den Kämpfen vor, dass ein Kämpfer den Stil des anderen nach ein oder zwei Griffen, Tritten genau benennen kann, was in den frühen Kung-Fu-Filmen gerne eingesetzt wurde. Auch der Einsatz von Akupressur, dass heißt die Lähmung des Gegners, indem man ihm - mit schnellen Griffen - verschiedene Nerven abklemmt, ist ein wichtiges Versatzstück in den Kung-Fu-Filmen. Häufig verwendet man in Kung-Fu-Filmen anstelle von Akupressur Akupunktur, wobei Nadeln eingesetzt werden, um verschiedene Nervenzentren zu lähmen oder anzuregen. Auch das häufige Vorkommen des Meditationsbegriffes ist eine Verbeugung vor dem Genre, denn schon in vielen anderen Kung-Fu-Filmen wurde die Macht der Meditation von den Kämpfern eingesetzt, um ihre Körper unangreifbar zu machen oder um ihren Tod herauszuzögern. Eine weitere Reminiszenz an die Martial-Arts-Filme stellt eine Szene dar, in der der Polizeiinspektor Tsai einen Pfeil mit seinen Essstäbchen fängt. Schon in anderen Filmen des Genres wurden Essstäbchen gerne als Waffe eingesetzt. Das aktuellste Beispiel dürfte der Film "Kiss Of The Dragon" sein, in dem Hongkong Superstar Jet Li einem Gegner die Stäbchen durch den Unterkiefer in den Kopf treibt. Die Prügelei in dem Gasthaus im Laufe der Emanzipationsfahrt von Jen ist die Ansammlung von Klischees überhaupt. Jeder in dem Gasthaus kann Kung-Fu. Alle sind jederzeit rauflustig. Die kleinste Beleidigung reicht als Kampfgrund. Das Vorstellen der Meister (Men Hu) wird hier geradezu zelebriert und das gesamte Restaurant wird bei dem Kampf zerstört. Hier wird das Bild, das viele im Westen von China haben, bestätigt: Jeder kann Kung-Fu und der Chinese an sich hat nichts anderes zu tun, als kämpfend herumzuhampeln. In diesen Szenen ist man geneigt zu denken, dass Ang Lee uns wegen diesem Schablonendenken auslacht. (In der Gasthausszene ist Ang Lee bei aller Perfektion übrigens ein Anschlussfehler passiert: Bei der Schlägerei stürzt eine "Brücke" in dem Gasthaus in Großeinstellung ab und schon in der nächsten Szene in dem Gasthaus ist sie wieder da, wo sie hingehört.) Als offensichtlichste Hommage an den Kung-Fu-Film der Anfangszeiten kann man die bereits erwähnte Kampfszene in dem Bambushain verstehen.

Kommen wir nun zu den Punkten, die neuen Wind in das Genre gebracht haben und eigentlich untypisch für Martial-Arts-Filme sind. Da wäre zunächst die Schüler Meister Beziehung, die den Film durchzieht. Dieses Motiv ist prägend gewesen für die alten Kung-Fu-Filme. Nur wollten in den früheren Martial-Arts-Filmen junge, unbeherrschte, eventuell ungerecht behandelte Männer einen Meister finden, der sie in einer Kampftechnik ausbildet, so dass sie sich rächen oder im Leben behaupten können. Doch Ang Lee führt dieses Prinzip ad absurdum. Ist Li Mu Bai seinem Meister offenkundig noch extrem verbunden, da er ja seinen Tod rächen will, ist er es, der Jen ausbilden will. Nicht der Schüler kommt zum Meister, sondern der Meister wünscht sich einen Schüler. Dieser Kniff ist für Martial-Arts-Filme eher ungewöhnlich. Die starke Charakterisierung der Figuren stellt auch ein Novum im Martial Arts Genre dar. So lässt sich Ang Lee fast 15 Minuten Zeit, bevor es überhaupt zu einem Kampf und dem handlungsauslösendem Ereignis kommt. In den meisten Streifen dieses Genres ist es normalerweise eher so, dass innerhalb kürzester Zeit ein bestimmtes Ereignis, das meist mit einem Kampf verbunden ist, zum Auslöser der Handlung wird. Des weiteren ist bei Wuxia Filmen der letzte Kampf der Höhepunkt und zugleich das Ende dieser Filme, aber Tiger & Dragon geht auch hier andere Wege und endet erst 15 Minuten nach dem eigentlichen Höhepunktkampf. Ungewöhnlich - und mit der starken Charakterzeichnung des Filmes eng verbunden - ist die Tatsache, dass der Bösewicht Jadefuchs kein Bösewicht im eigentlichen Sinne ist. Sie handelt aus menschlichen und nachvollziehbaren Gründen. Auch das Ende ist ziemlich ungewöhnlich. So stirbt der absolut gute Held und große Meister des Wudang-Kampfstiles durch eine winzige Nadel. Der Tod selbst und die Art des Sterbens ist für das Genre extrem ungewöhnlich. Kein Heldentod, keine Selbstopferung für einen guten Zweck. Nichts dergleichen. Und dass auch die Figur der Jen, die dem Zuschauer - trotz ihrer offensichtlichen Schwächen - während des Filmes immer mehr ans Herz wächst, ebenfalls nicht den Zustand des Glückes erreicht, den man ihr wünscht, ist alles andere als die Regel.

Kommen wir nun zu dem Punkt, der für das überwiegend männlich geprägte Genre des Kung-Fu-Filmes die größte Novität darstellt. Die Rede ist von den unglaublich starken Frauenfiguren des Filmes, die hier aus dem Schatten der sonst eher übermenschlich agierenden männlichen Kämpfer heraustreten und sich emanzipieren. Doch bevor wir auf diesen Gedanken näher eingehen, wollen wir den Mann in den Mittelpunkt rücken, der für diesen Kniff innerhalb des Genres verantwortlich zeichnet.

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Der Regisseur und seine Vision

Die Rede ist natürlich von dem Regisseur Ang Lee. Er wurde am 23. Oktober 1954 in Pingtun, Taiwan geboren. 1978 siedelte er in die USA über, wo er erst an der "University of Illinois" Theaterwissenschaften studierte, bevor er einen weiteren Abschluss im Bereich Filmproduktion an der "New York University" machte. 1983 gewann er den Preis für die beste Filmerzählung beim "Golden Harvest Film Festival" in Taiwan für seinen Film "Dim Lake". Während seiner Studienzeit inszenierte Lee "Fine One", einen 45-minütigen Film, der 1985 beim "NYU Film Festival" mit den Preisen für den "Besten Regisseur" und "Besten Film" ausgezeichnet wurde. Ang Lees erster Spielfilm wurde 1992 "Pushing Hands", der den ersten Teil von Ang Lees "Father Knows Best" Trilogie bildete, welche mit "Das Hochzeitsbankett" fortgesetzt wurde und mit "Eat Drink Man Woman" ihren Abschluss fand. Insbesondere "Das Hochzeitsbankett" erlebte einen internationalen Siegeszug und wurde zu einem Kritikererfolg, der sogar Kasse machte. "Variety" bezeichnete ihn als "profitabelsten Film des Jahres" und er wurde sowohl bei den "Oscars" als auch beim "Golden Globe" in der Sparte "Bester fremdsprachiger Film" nominiert. In Taiwan erhielt "Das Hochzeitsbankett" fünf "Golden Horse Awards", einschließlich "Bester Film" und "Beste Regie". "Eat Drink Man Woman" wurde ebenfalls für einen "Oscar" und einen "Golden Globe" nominiert. 1995 inszenierte Ang Lee "Sinn und Sinnlichkeit" (Sense and Sensibility), mit Emma Thompson, Hugh Grant und Kate Winslet in den Hauptrollen, nach einem Drehbuch von Emma Thompson. Der Film wurde für sieben "Oscars" nominiert und erhielt einen in der Sparte "Bestes Drehbuch". Bei den "Golden Globes" gewann er in den Kategorien "Bestes Drehbuch" und "Bester Film". Die Jane-Austen-Adaption wurde in über hundert Listen mit den zehn besten Filmen des Jahres 1995 genannt - darunter die von den New Yorker Filmkritikern. 1996 widmete sich Ang Lee seinem ersten Film, der sich ausschließlich mit einer amerikanischen Thematik befasste: "Der Eissturm" (The Ice Storm), mit Kevin Kline, Sigourney Weaver, Christina Ricci und Joan Allen in den Hauptrollen. 1999 inszenierte Ang Lee mit "Ride With The Devil" einen Western aus der Bürgerkriegszeit. In dem Film sind unter anderem Skeet Ulrich, Tobey Maguire, Jewel, Jonathan Rhys Meyers, James Caviezel und Tom Wilkinson zu sehen. Auf Tiger & Dragon folgten dann die Comicverfilmung Hulk (die einem bewegten Comicstrip mit Ideen wie Splitscreens so nahe kam, wie kaum eine andere Comicverfilmung zuvor) und der Western Brokeback Mountain, der mit diversen Machoklischees des Westerns ein Halbes machte.

Doch hier geht es ja um Tiger & Dragon, ein Film, der verblüffend starke Frauenfiguren in den Mittelpunkt stellt. In einem Interview auf den Umstand, dass Li Mu Bai im Vergleich zu den Frauen fast schon wie ein Weichei wirken würde, befragt, gibt Lee freimütig zu: "ich bin das selber. Und ich empfinde es als Erleichterung, das zugeben zu können. Ich wurde auf eine sehr männlich-chauvinistische Art erzogen. Mein Vater war so, und meine Mutter war ein nachgiebiger Frauentyp. Ich stellte dann fest, dass ich in meinem eigenen Leben mehr auf starke Frauen stand, Frauen mit Mumm, welche für mich sorgen, die Entscheidungen treffen, sodass ich in meine Fantasien flüchten, meine Filme machen kann. Der Martial-Arts-Film ist ein sehr männliches Genre. Ich wollte dieses Genre, die patriarchalische und repressive Gesellschaft in China einmal aus weiblicher Sicht beleuchten. Das gab es vorher praktisch nicht." Diese starken Frauenrollen sind ein Markenzeichen der Filme von Ang Lee: In "Das Hochzeitsbankett" heiratet der Hauptcharakter die mittellose Künstlerin Wei-Wei, die daraufhin eine Green Card für ihren Aufenthalt in den USA erhält. Nachdem der Schwindel des Hauptdarstellers (Erklärung folgt) auffliegt, beschließt Wei-Wei ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. In einem Dialog mit der Mutter des Hauptdarstellers erfährt man dann, dass diese sich in ihrer Jugend nichts sehnlicher gewünscht hätte, als so frei zu sein, wie es nun Wei-Wei ist (die Parallelen zu den Auffassungen Jens sind unübersehbar.). In Sinn und Sinnlichkeit findet man ebenfalls solch starke Frauenfiguren. In dem Film verspricht der Erstgeborene John seinem Vater, dass er seine Stiefmutter und die drei Halbschwestern finanziell unterstützten werde, vergisst aber unter dem Einfluss seiner gierigen Gattin sein Ehrenwort und jagt das Quartett aus dem väterlichen Schloss. Damit beginnt das Elend der zweiten Gattin und deren Töchter, denn als Frauen steht ihnen im England des frühen 19. Jahrhunderts nur eine kleine Rente zu. Diese jedoch machen aus ihrer Not das Beste. Sie schaffen es, in aller Ruhe ein beschauliches Leben zu führen und das trotz finanzieller Probleme und der geringen Akzeptanz durch die Gesellschaft. Im "Eissturm" gibt es mehrere starke, weibliche Charaktere. Doch insbesondere die Figur, die Sigourney Weaver in dem Film verkörpert, ist sich ihrer Wirkung auf Männer und der daraus resultierenden Macht über ebenjene absolut bewusst und setzt sie auch ein. Einzig in "Ride With The Devil" erscheint die, von der Sängerin Jewel verkörperte, Frauenfigur seltsam blass und schwach charakterisiert, wobei man hier nicht genau weiß, ob aufgrund der schauspielerischen Leistung der Sängerin nicht vielleicht einige wichtige Szenen der Schere zum Opfer gefallen sind. Von einem Zerwürfnis zwischen Lee und Jewel war in diesem Zusammenhang häufig zu lesen. Auch in seinem Film Hulk gibt es eine Frau, die den grünen Wüterich zur Räson zu bringen vermag. Zwar bleibt Jennifer Connelly in der Rolle seltsam blass, es wird aber hier klar ersichtlich, worauf Lee hinauswill, vor allem dank starker Bilder wie einem zusammenschrumpfenden Hulk vor einer zerstörten Skyline ... ihm gegenüber das beruhigende Antlitz seiner Angebeteten. Selbst in seinem für Furore sorgenden schwulen Cowboyfilm Brokeback Mountain vermochte es Ang Lee zwei wirklich starke Frauenfiguren zu lancieren!

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Kommen wir nun zu dem zweiten Motiv, das jeden Film Ang Lees durchzieht. Er selbst bezeichnet es gern als Emanzipation der Figuren. Es geht also um die "Spannungen zwischen Tradition und Selbstbehauptung, zwischen Konvention und Rebellion", um den "Weg hinaus aus alten Bindungen, die das Leben einengen"
So findet in "Das Hochzeitsbankett" am Ende des Filmes die Hauptfigur den Mut, seiner Familie die Tatsache zu beichten, dass er schwul ist: Wai Tung besitzt die amerikanische Staatsbürgerschaft und verdient gut im Immobiliengeschäft. Doch bisher hat es der gebürtige Taiwanese nicht gewagt, seinen Eltern einzugestehen, dass er mit seinem schwulen Freund Simon zusammenlebt. Um auch den letzten Wunsch der Eltern zu erfüllen, will Wai Tung eine Scheinehe mit der mittellosen Künstlerin Wei-Wei eingehen - was sich auch für diese lohnt, da ihr die Eheschließung die langersehnte Green Card verspricht. Doch als die Eltern aus Taiwan anreisen und eine standesgemäße chinesische Hochzeitsfeier organisieren, droht der Schwindel aufzufliegen. Im Verlaufe des Filmes merkt man, dass vor allem die Mutter von Wai Tung sehr geprägt ist von der Angst, dass andere schlecht über sie oder ihre Familie denken könnten und auch von dem Vater denkt man zu Beginn, dass er den gesellschaftlichen Traditionen sehr verbunden sei. Doch am Ende ist es ausgerechnet er, der seinen Sohn dazu auffordert, sich seiner Mutter gegenüber zu outen, da er seinem Sohn und dessen Geheimnis im Laufe des Filmes sehr schnell auf die Schliche gekommen ist. Als der Vater beinahe einem Herzinfarkt anheim fällt, fasst der Sohn all seinen Mut zusammen und beichtet seiner Mutter im Krankenhaus seine Neigung und macht ihr klar, dass er nur auf diese Weise glücklich werden könne.
Auch in "Sinn und Sinnlichkeit" findet man das Motiv der Emanzipation wieder. In diesem Film sind es übrigens die Männer, die entweder schon jemand anderem versprochen sind oder um des Geldes willen heiraten, weil ihnen sonst Enterbung durch die Familie droht. Nicht die Liebe ist das Maß der Dinge, sondern das finanzielle Kalkül der oberen Gesellschaftsschichten. Die Hochzeit ist nichts anderes als ein Geschäft und Hochzeiten aus Liebe kommen zwar durchaus vor, sind aber selten. Insbesondere die von Kate Winslet und Emma Thompson dargestellten Figuren der Elinor und Marianne sind es, die ihrem Herzen folgen und versuchen, gegen diese Missstände der Gesellschaft ankämpfend, ihre wahre Liebe zu finden, was ihnen dank des arg kitschigen Drehbuches auch gelingt.
Im "Eissturm" ist es vor allem der Charakter von Joan Allens Figur, die im Connecticut des Jahres 1973 versucht aus ihren Grenzen, die ihr der bürgerliche Moralkodex aufzwingt, auszubrechen. Sie will weg von ihrer Rolle als Mutter beziehungsweise Hausfrau, die nichts anderes zu tun hat, als für den Mann und die Kinder zu sorgen. Diese Befreiung geht ganz allmählich vonstatten. Zunächst meint sie in dem Diebstahl von Kosmetika einen geeigneten Weg zu finden, was aber prompt schief geht. Indem sie sich von ihrem Mann trennt und in die Arme eines anderen flüchtet, scheint sie ihr Ziel erreicht zu haben. Aber auch die anderen Frauen in dem Film sind allesamt sehr stark und lassen sich von den gesellschaftlichen Konventionen nicht einzwängen. Da wären noch die Charaktere der bereits genannten Sigourney Weaver und Christina Ricci zu erwähnen.
In dem Film "Ride With The Devil" ist es ein Schwarzer namens Holt (Jeffrey Wright), der für die Südstaaten(!!!) kämpft und so seine Freiheit erlangt. Dass Schwarze im amerikanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Südstaaten kämpften, ist übrigens geschichtlich verbürgt. Sie taten das entweder aus Loyalität zu ihrem Herren oder um den Norden näher zu kommen und dann die Gelegenheit zu nutzen, zu den Nordstaaten überzulaufen. Genauso verhält es sich in "Ride With The Devil". Über den Kampf erlangt der Charakter Jeffrey Wrights seine Freiheit, da er im Verlauf der Kämpfe immer näher an die Nordstaatengrenze gelangt. Doch der Emanzipationsansatz lässt sich auch auf die restlichen Figuren übertragen, die allesamt sehr jung sind und sich in der Phase des Lebens befinden, in der ihre Persönlichkeit am stärksten geformt / geprägt wird. Durch den Krieg werden sie zu Männern geformt, die an ihr weiteres Leben ganz andere Ansprüche stellen, als sie es vor dem Krieg getan haben. Familie und ein friedliches Leben werden wichtiger als die Abenteuerlust, die der Krieg nur zu Beginn wirklich befriedigen konnte. Auch seine Folgefilme trugen das emanzipatorische Element/das herausbrechen unterdrückter Gefühle in sich. Als ultimatives Sinnbild dafür steht der grüne Wüterich wie ein Fels in der Brandung. Und auch Brokeback Mountain bediente sich dieses Motivs und zwar anhand mehrerer Figuren. Nämlich mittels der beiden Cowboys und mittels einer der Ehefrauen der beiden unglücklich Verliebten.

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Dieses Emanzipationsmotiv findet man auch in Tiger & Dragon und zwar vor allem anhand der Figur der Jen, was aus der Inhaltsangabe und dem Vergleich des Filmes mit einem Drama bereits ansatzweise hervorgegangen sein sollte. Sie ist es, die nach Freiheit strebt, sich keinen gesellschaftlichen Konventionen unterwerfen will, sich nicht vorschreiben lassen will, wen sie lieben darf und wen nicht und die genauso frei sein will wie die Rebellen der damaligen Zeit.
Zusammenfassend erscheinen folgende Stellen als wichtig, da sie die Entwicklung des Charakters von Jen aufzeigen. In ihrem ersten Auftritt ist sie bis zur Unkenntlichkeit geschminkt und in einem engen Kleid gefangen. Bereits hier findet man ein Merkmal, das zeigt, dass sie anders sein will. Als Dame der Gesellschaft müsste sie gebundene Füße haben, aber Jen trägt nur Holzschuhe. Man erfährt, dass sie jemandem versprochen ist, aber auch, dass sie sich nach Freiheit und Unabhängigkeit zu sehnen scheint, was hier aber nur kurz angesprochen wird. Schon bei ihren ersten Auftritten erfahren Zuschauer mit geschultem Blick indirekt, dass sie bestimmte Kampfsportarten beherrschen muss, was für ein Mädchen gehobener Klasse und in jener Zeit sehr untypisch ist. Und zwar bläst Jen in betreffender Szene eine Kerze aus. Die Handhaltung bei diesem Vorgang ist das verräterische Element, da man daran erkennen kann, dass sie die Kampfkunst Chi Gong beherrscht. Einige Bemerkungen Jens in Hinsicht auf ihre Hochzeit zeigen deutlich, dass sie mit dem Vorgang des Verheiratetwerdens so ihre Probleme hat. Auch die Kalligraphieübung gibt uns einen Einblick in Jens rebellischen Charakter. Sollten diese Schriftzeichen eigentlich geradlinig und klar aussehen, sind sie bei Jen geschwungen und aus dem Ruder laufend, was deutlich anzeigt, dass hier ein freier Geist in einem durch gesellschaftliche Konventionen gebundenen Körper lebt. Dieser Eindruck wird immer weiter verstärkt. Jen wird ein trotziger, rauflustiger und sich nach Freiheit sehnender Charakter, der seine Ziele mit allen Mitteln durchsetzen will. Allerdings ist sie auch zu Liebe fähig, was vor allem in der Wüstensequenz deutlich wird und sie ist bereit, auch Fehler einzusehen, woran man erkennt, dass sie charakterlich mit der Zeit immer mehr reift.

Nach der Flucht vor ihrem Ehemann geht sie auf eine große Reise, um ihre neu gewonnene Freiheit zu genießen. Sie verkleidet sich hierbei als eine Art Rebell beziehungsweise als fahrender Ritter (Xia), dem Inbegriff von Freiheit und Unabhängigkeit. Sie trägt ihre Unabhängigkeit für jeden sichtbar nach außen.

Nachdem sie sich auch ihre letzten "Freunde" zum Feind gemacht hat und diese sie trotzdem nicht aufgeben, sieht sie all ihre Fehler ein, die sie gemacht hat und trifft eine sehr wichtige Entscheidung, die ihren starken Charakter nur unterstreicht und dem Zuschauer zeigt, wie stark diese junge und unscheinbare Frau doch ist. Sie wählt den Freitod, der kein Selbstopfer darstellt, sondern die endgültige Befreiung von ihren menschlichen Banden. Es ist der schlussendliche Befreiungsakt von Jen.

Man erkennt an diesen wenigen Szenen, wie sich Jen entwickelt, wie sie heranreift und sich von einem jungen, rachsüchtigen und kämpferischen Charakter zu einer Person entwickelt, die in der Lage ist wichtige Entscheidungen zu treffen, Fehler einzusehen und nicht mehr ohne jede Rücksicht auf ihre Umgebung handelt. Somit ist das Emanzipations- / Befreiungsmotiv deutlich zu erkennen.

Die Frage soll nun lauten, ob man das Befreiungsmotiv nur am Inhalt oder auch an dem Einsatz filmischer Mittel erkennen kann. Die Antwort ist ein eindeutiges "Ja". Ang Lee und seinem Kameramann gelingt es hervorragend Bilder einzufangen, die die unterdrückten Gefühle und Befreiungsbestrebungen verdeutlichen.

Zu Beginn des Filmes sieht man Jen immer nur in hochgeschlossenen und engen Kleidern, die ihren freien Geist scheinbar einzusperren scheinen. Auch sieht man sie nur in engen Räumen agieren. Sie ist die ganze Zeit eingesperrt in dem sprichwörtlichen goldenen Käfig ihrer Gemächer. Auch in den Szenen, die der Hochzeit mit ihrem verhassten Versprochenen vorangehen, ist sie gefangen in einer kleinen Sänfte. Kein Fenster zeigt die Umwelt. Auch ihr Kleid scheint sie förmlich in Ketten zu legen. Und der Blick des Zuschauers wird begrenzt durch die verwinkelten Gassen Bejings. Doch sobald Jen ihre Reise als Rebell beginnt, trägt sie weite und bequeme Sachen und die dargestellte Natur scheint fast unendlich weit zu sein. Auch bei ihren Ausflügen als Dieb des Schwertes oder bei dem ersten Kampf mit Li Mu Bai ist sie bequem gekleidet. In diesen Momenten ist sie frei.
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Beitrag von freeman » 14.08.2006, 00:57

In dem Film sind sämtliche Dialoge auf eine Art gefilmt, die man fast schon als langweilig bezeichnen kann. Diese Art der Darstellung unterstreicht die Inhalte der Dialoge sehr gut. Sie sind meist geprägt durch unterdrückte Gefühle, nicht ausgesprochene Emotionen, gesellschaftliche Zwänge, Ehrgefühl und Angepasstheit, was durch die fast schon statische Darstellung dieser Dialoge hervorragend unterstützt wird. Die Kamera scheint in Ketten gelegt zu sein. Kein Schwenk, keine Zooms und nur wenige Schnitte unterstützen diesen Eindruck. Kameratechnisch passiert hier zwar fast nichts, aber unter der Oberfläche brodelt es vor Spannung, was dem Titel des Filmes sehr gerecht wird. Die Dialoge und deren Darstellung unterstreichen somit mehr als deutlich, wie eingegrenzt die Figuren durch ihre Ehrenkodexe (Li Mu Bai) oder durch gesellschaftliche Zwänge (Jen) sind.

Sämtliche Figuren sind nur in den Kämpfen wirklich frei. Sie folgen zwar auch hier Vorschriften und Erlerntem, reagieren aber auf die Gegner, improvisieren und zwängen dem Kampf ihre eigenen Regeln auf. Sie sind frei und ebenjenes merkt man auch an der Darstellung. Die verschiedenen Stile des Kämpfens unterstreichen übrigens die einzelnen Charaktere. Li Mu Bai beherrscht die Wudang-Kampfkunst. Bei ihm ist sie elegant, effizient und präzise. Er ist nun einmal ein großer Meister, der in jeder seiner Handlungen (abgesehen von Liebesdingen) absolut souverän erscheint. Yu Shu Lien kämpft hart und tough, was ihre Vergangenheit als Gesetzlose unterstreicht. Jen dagegen, die wie Li Mu Bai die Wudang-Kampfkunst beherrscht, ist, ihrem Alter und ihrem Charakter entsprechend, verspielter als Li Mu Bai und im Gegensatz zu ihm ist sie auch durchaus gewillt, mit durchschlagendster Effizienz vorzugehen, was ihrem Charakter sehr ambivalente Züge verleiht, da sie, wie ein Bösewicht, alles tun würde, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Überhaupt keine Regeln gelten bei dem Kampf zwischen Jen und Lo in der Wüste Gobi. Hier verschmelzen verschiedenste Kampfstile zu einer Rauferei, die die freiheitsliebenden Charaktere beider Figuren unterstreicht.

Doch nicht nur die Choreographie, sondern auch die Kamera scheint bei den Kämpfen schwerelos zu werden. Wie die Kämpfer fliegt sie über die Dächer oder schwebt über den Kombattanten. Rasante Schwenks und Einstellungswechsel scheinen das Tempo der Kämpfe noch mehr zu erhöhen und eingestreute Zeitlupen erlauben es unserem Auge selbst die rasantesten Kampfelemente eindeutig zu erkennen. Die Schnittfolge ist ungleich größer als bei den Dialogen. Somit erlangen nicht nur die Kämpfer im Kampf ihre Freiheit, nein, auch die Kamera und damit der Film scheinen wie entfesselt zu sein.

Auch die Kostüme hat man am Anfang sehr traditionell und historisch korrekt gehalten, doch ab der Mitte des Filmes geht man davon ab und die Kostüme werden zu einem Stilmischmasch aus den verschiedensten kulturellen Einflüssen. Insbesondere die Kleidung von Lo und Jen in den Wüstenszenen ist keinem eindeutigen Kulturkreis zuzuordnen. Somit unterstützen vor allem die Kameraführung, die Gestaltung der Dialoge, die Kampfchoreographie, die Räumlichkeiten und die Kostüme Ang Lee dabei zu zeigen, wie sich die Figuren von ihren Schranken befreien.

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Doch auch andere filmische Mittel fanden Eingang in den Film, die vor allem die optische Vision von Ang Lee unterstützen: So nutzt er in einer Szene Verfremdungen bei der Darstellung, die die flirrende Hitze der Wüste verdeutlichen sollen. Eine lange Rückblende, die man aufgrund ihrer Länge eigentlich gar nicht einbauen wollte, weil sie die Handlung zu sehr verzögerte, erklärt die Liebe zwischen Lo und Jen und wird schon früh im Film durch einen extrem kurzen Ausschnitt angekündigt. Bei dem Kampf zwischen Jen und Yu Shu Lien kommt es mehrere Male zu einem Pat. Das heißt, beide stehen sich gegenüber und jeder könnte den nächsten tödlichen Schlag ausführen, tut es aber nicht, weil er nicht weiß, was der Gegner macht. Diese Szene ist eine eindeutige Verbeugung vor John Woo, der diese Szenen (allerdings mit Pistolen im Anschlag) perfektionierte und in all seine Filme einbaute. Auch die Art wie die Kombattanten in dieser Szene gefilmt werden ist eine Verbeugung vor einem Meister seines Faches. Und zwar vor dem Choreographen Yuen Woo Ping (auch Choreograph von Tiger & Dragon), der in Hongkong auch Filme als Regisseur dreht und folgende Bildfolge in seinen Werken wie "Tai Chi" oder "Iron Monkey" kultivierte: Die Kamera beginnt eine Aufblende an der Spitze der Waffe (hier der Schwerter). Sie fährt die Waffe bis zu der Hand des Kämpfers ab und schwenkt dann über den Kampfarm in das Gesicht des Kombattanten.

Am Ende des Filmes erreicht Jen den Wudang Berg und steigt die Treppen zu dem Kloster empor. Hierbei geht die Ansicht von Jen übergangslos von einer Teleobjektivaufnahme in eine Weitwinkelaufnahme über, was den beeindruckenden Charakter der Szenerie unterstreicht, denn man erkennt, wie riesig der Berg ist und wie unbedeutend und klein die geläuterte Jen.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Musik von Tan Dun, die mit den Cello-Einlagen Yo-Yo Mas den märchenhaften Charakter des Filmes noch unterstreicht. In den Kampfszenen ist sie unglaublich vorwärtstreibend. Die Percussions-Music aus dem ersten Kampf wollte Ang Lee schon in "Ride With The Devil" einsetzen, hier überdeckte sie aber die Schussgeräusche und wurde darum gestrichen. In dieser Kampfszene passt sie aber optimal. Ein weiteres sehr eindrucksvolles Beispiel der Symbiose von Bild und Ton, gibt es bei der Gesamtansicht des historischen Pekings, bei der die Musik bombastisch anschwillt, Gänsehaut erzeugt und die eindrucksvolle Kulisse hervorragend unterstreicht. Ansonsten dominiert eher melancholisch anmutende Musik. Bei der Szene wiederum, bei der die ganze Handlung am melancholischsten wird, sorgt dann aber vor allem die Musik dafür, dass das Ende nicht zu bedrückend gerät.

Eine weitere wichtige Rolle spielt die Farbsymbolik des Filmes. Dominieren vor allem erdige Brauntöne den Film, muss man vor allem die Farbe grün hervorheben. Die meisten Naturaufnahmen des Filmes erstrahlen in den sattesten Grüntönen. Der Bambushain ist grün, ja sogar das Wasser in dem Bambuswald erstrahlt smaragdgrün. Auch das, die Handlung vorantreibende, Schwert ist grün. Laut des DVD Audiokommentars von Ang Lee steht Grün immer für versteckte Gefühle. Die Farblehre unterstützt diese Ansicht:

Im Volksmund steht die Farbe Grün für Hoffnung, Wachstum und Leben. Psychologen wissen warum: Grün regt die Phantasie an, macht sensibel, lässt uns Intensionen besser wahrnehmen. Grün versetzt die Seele in positive Schwingungen, weckt die Lust auf Neues, auf Entdeckungen. Die psychologische Wirkung von Grün ist Beharrung, Willenskraft und schlummernde Macht, aber auch Ruhe und Harmonie. Beharrung, Willenskraft und schlummernde Macht sind geradezu symptomatisch für Tiger & Dragon und könnten vor allem auf Jen angewendet werden. In ihr lauert der "schlummernde" Tiger, sie ist neugierig, will Neues erleben und ist im Begriff, zu einer Frau heranzuwachsen. Überhaupt scheint die Farbe grün Ang Lee nicht loszulassen, wie er selbst schmunzelnd zugibt: "It looks like I'm going to do the 'Incredible Hulk,' the green giant comic book character. It's my new 'green destiny,' I suppose."

Doch selbst die beste Optik und die hehrsten Absichten können einen Film nicht retten, wenn die Darsteller unglaubwürdig agieren und die Inhalt der Dialoge nicht transportieren können oder das Team hinter der Kamera seinen Job nicht ordentlich ausführt. Deshalb kommen wir nun zu den Darstellern und dem Drehteam.

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Die Schauspieler aus Tiger & Dragon

Auch wenn Jackie Chan meinte, dass "in Asien niemand den Film mochte", da dort solche Filme jeden Tag im Fernsehen laufen und in Hongkong seit 30 Jahren diese Art Filme gemacht werden, wurde er auch in dem östlichen Kulturkreis ein voller Erfolg, sowohl künstlerisch, als auch kommerziell. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte die Besetzung sein, die sich sowohl aus unbekannten Schauspielern als auch aus absoluten Superstars des fernöstlichen Kinos zusammensetzt.

Da wäre zunächst die damals recht unbekannte Darstellerin der Jen Yu, Zhang ZiYi, die in ihrer Rolle geradezu brilliert. Ihr gehen die trotzig/jähzornigen Einlagen genauso leicht von der Hand wie die schwärmerischen ob des Rebellenlebens oder die romantischen. Egal in welcher Stimmungslage sich ihre Figur befindet, sie bleibt immer sympathisch und greifbar für den Zuschauer und bald stellt man sich massiv auf ihre Seite und hofft, sie möge ihre Ziele alle erreichen. Eine absolut grandiose Leistung! Erst mit Tiger & Dragon stieg sie ins Stardom auf und veredelte bis heute Filme wie Hero oder House of Flying Daggers.

Der zweite eher unbekannte Darsteller ist Chang Chen, der Lo (schwarze Wolke) verkörpert. Mit 14 spielte er seine erste Hauptrolle in Edward Yang's "A Brighter Summer Day". Danach spielte er in Edward Yang's "Mahjong" und in Wong Kar-Wai's "Happy Together" agierte er neben den Hongkong Superstars Leslie Cheung and Tony Leung Chiu-Wai. Für die Rolle in dem Film "Happy Together", der sich um ein schwules Liebespaar dreht, wurde er für den "Hong Kong Film Award" als "Bester Nebendarsteller" nominiert. Da "Crouching Tiger, Hidden Dragon" der erste Film war, für den er in China drehen musste, hatte er die Aufgabe Mandarin zu erlernen. Und auch seine Performance weiß in jeder Minute zu überzeugen, wobei er leider den am unterentwickeltsten Charakter zu tragen hat, der sich ja weitgehend "nur" durch seine Freiheitsliebe auszeichnet, aber der ultimative Katalysator für Jens Handlungen wird.

Wesentlich bekannter ist die Darstellerin Michelle Yeoh, die in Tiger & Dragon die Yu Shu Lien verkörpert. Als Mentorin und beste Freundin der jungen Jen liefert sie eine beeindruckende Meisterleistung ab, in der alles auf den Punkt stimmt. Keine Geste, kein Wort zuviel, einfach nur eine wirklich beeindruckende Darstellerleistung, die es leicht macht, zu hoffen, Li Mu Bai möge doch endlich mal Tacheles reden!


Da Tiger & Dragon als Blockbuster in Asien geplant wurde, brauchte man auch einen zugkräftigen männlichen Superstar. Diesen fand man in Chow Yun Fat, der einst mit seinem berühmten Lächeln zum Schwarm aller fernöstlichen Frauen avancierte und mit seinen coolen Manierismen zum Idol einer ganzen Generation von Jugendlichen wurde. Und hier spielt er einen Meister, wie er wohl lässiger nicht mehr sein könnte. Ruhig, gelassen, immer Herr der Lage und die Aktionen seiner Gegner vorausahnend wird er zu einer Art Ersatzvater für die rebellische Jen ohne ihr je wirklich habhaft werden zu können. Man nimmt Yun Fat die Rolle des Li Mu Bai und damit des ehrwürdigen Meisters wirklich in jeder einzelnen Einstellung ab und muss einfach immer wieder schmunzeln, wenn seine Coolness vollkommen ins Bröckeln gerät, nur weil er es wieder nicht geschafft hat, einen Satz in Richtung Yu Shu Lien zu Ende zu sprechen und damit seine Gefühle ihr gegenüber in die Welt hinauszuschreien. Er ist neben Zhang Ziyi definitiv das Herz dieses Filmes, egal wie grandios alle anderen Darsteller auch aufspielen mögen-

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Das Team hinter der Kamera

Auch hinter der Kamera gelang es Ang Lee ein tolles Team zu versammeln. Da wären:
Peter Pau, der Kameramann, der in Hongkong auch als Regisseur bekannt ist. Zu seinen bekanntesten Filmen als Kameramann gehören "The Bride With White Hair", "Treasure Hunt" oder "Chucky und seine Braut".

Yuen Woo Ping, der aufgrund seiner Arbeit für Matrix zu einer Ikone der Martial-Arts-Kampftechnik-Choreographie avancierte und der in seiner Heimat Hongkong auch als Regisseur arbeitet, sorgte für die atemberaubenden Kämpfe. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören, die bereits erwähnten, "Tai Chi", "Wing Chun" und "Iron Monkey".

Für die Kostüme und die Ausstattung konnte Ang Lee Tim Yip gewinnen, der sowohl für das Theater als auch für das Kino tätig ist. Er arbeitete schon mit fast allen großen Regisseuren Hongkongs zusammen. So mit John Woo bei "A Better Tomorrow" oder Ringo Lam bei "City on Fire".

Mit James Schamus arbeitete Ang Lee bereits bei dem "Eissturm", "Ride With The Devil", "Sinn und Sinnlichkeit", "Eat Drink Man Woman", "Das Hochzeitsbankett" und "Pushing Hands zusammen". Er fungierte hierbei unter anderem als Drehbuchschreiber, Produzent oder Drehbuchmitarbeiter.

Die Musik stammt von Tan Dun, der für die Cello Solis den weltberühmten Yo-Yo Ma gewinnen konnte und für den Titelsong "A Love Before Time" die Sängerin Coco Lee engagierte, die in Asien als Celine Dion des Ostens gilt. Normalerweise ist Tan Dun nicht für Soundtracks zu begeistern. Er komponiert sonst eher Opern wie "Marco Polo", die ihm eine Auszeichnung zum Komponisten des Jahres 1997 brachte.

Die Aufgabe des Schnittes von Tiger & Dragon delegierte Ang Lee an Tim Squyres, der schon Ang Lees Filme "Ride With The Devil", "Der Eissturm", "Sinn und Sinnlichkeit", "Eat Drink Man Woman" und "Das Hochzeitsbankett" geschnitten hat.

Die Effekte des Filmes stellen eine Kombination digitaler Technik und altmodischer Seiltechniken dar. Das heißt, die Darsteller wurden an Seile gehangen, die es ihnen ermöglichten, in ca. 20 Metern Höhe zu kämpfen. Für das Entfernen dieser Seile aus den einzelnen Bildern war die Effektschmiede "Asia Cine Digital" unter der Leitung von Leo Lo verantwortlich, die mithilfe von Computern die Seile Bild für Bild aus dem Film herausretuschierten. Sie zeichneten auch für die unglaublichen "Flugszenen" der Darsteller durch den Bambushain oder über das Wasser verantwortlich.

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Der Siegeszug von Tiger & Dragon.

In Deutschland ging der Film leider unter. Er startete am 11.1.2001 in den deutschen Kinos und beendete seine Laufzeit im Oktober mit gerade einmal 0,903 Millionen deutschen Zuschauern. Und dass obwohl er in Deutschland sogar synchronisiert wurde. Was könnten die Gründe für dieses schlechte Ergebnis sein? Da wäre zunächst die Tatsache, dass Eastern in Deutschland bei weitem keine so große Fan Basis haben wie zum Beispiel in den USA. Für viele Deutsche sind Eastern ganz einfach Filme in denen Jackie Chan umherwirbelt und schlecht synchronisierte Slapstickeinlagen abliefert. Dass genau dies nicht viel mit dem Eastern an sich zu tun hat, hoffe ich in dem Teil Martial-Arts und Kung-Fu-Filme dargestellt zu haben. Mit den wenigen Fans des Genres geht der Fakt einher, dass die Darsteller aus Tiger & Dragon in Deutschland alle so gut wie unbekannt sind.

Des weiteren fanden einige Zuschauer den Film vielleicht zu märchenhaft, zu verkitscht, zu unrealistisch wegen den Kampfszenen oder aber sie befürchteten, dass der Film sie mit geschichtlichen Fakten über China erschlägt. Andere waren vielleicht auch durch die Werbestrategie verschreckt, die nichts unversucht ließ, den Film mit "Matrix" gleichzustellen, was eventuell zu einer Ablehnungshaltung der Art: "schon wieder so ein Film, der sich an den Matrixerfolg anhängen will" führte.

Allerdings sollte hier erwähnt werden, dass diese Gleichstellung mit "Matrix" ziemlich unsinnig erscheint. Keine einzige Effektszene aus "Matrix" fand Eingang in Tiger & Dragon. Auch kein einziges Storyelement findet sich wieder und abgesehen von dem Choreographen hat Tiger & Dragon nichts mit "Matrix" gemeinsam. Aber da der Film Tiger & Dragon Kung-Fu-Szenen an den Grenzen der Realität enthält, schien es für den deutschen Verleih (Arthaus) anscheinend nur allzu logisch zu sein, den Film über "Matrix" zu vermarkten. Immerhin hatte es dieser Film geschafft Over-The-Top-Kung-Fu-Szenen am Rande des Realen salonfähig zu machen, was bei vielen zu der Ansicht führte, dass solche Kampfszenen bisher nur in "Matrix" vorkamen, was auf die bereits erwähnte geringe Beachtung von Eastern in Deutschland zurückzuführen ist. Überhaupt konnte man damals den Eindruck gewinnen, dass jeder Film mit Martial-Arts-Einfluss über "Matrix" vermarktet werden muss: Beispiele wären: "Exit Wounds", "Romeo must die" oder sogar "Der Pakt der Wölfe". Doch nicht "Matrix" ist kampftechnisch das Vorbild dieser Filme (einschließlich Tiger & Dragon). Nein, es sind die Hongkong Filme, in denen es schon immer fliegende Menschen gab, welche im Zustand der Schwerelosigkeit miteinander kämpften. Immerhin geben die Regisseure von "Matrix" offen zu, dass sie sich bei der Gestaltung der Kampfszenen stark am Hongkong Kino orientierten und man Matrix somit auch als Hommage an den Kung-Fu-Film des Hongkong Kinos verstehen kann.

Abgesehen von diesen Gründen muss man auch die starke Konkurrenz erwähnen, die es geschickt verstand das Medieninteresse und dann auch das Interesse der Kinogänger zu wecken und von Tiger & Dragon abzulenken. Da wäre der zeitgleich mit Tiger & Dragon gestartete "Cast Away" (Verschollen) mit Tom Hanks, dessen "Selbstverstümmelung" für diesen Film durch alle Zeitungen ging. Immerhin hatte er für den Film 30 kg abgenommen. Und schon eine Woche später sollten zwei neue Filme im Rennen um die Zuschauergunst starten. "What Women Want" (Was Frauen wollen), der bis dato erfolgreichste Film von Mel Gibson und ein Film namens "Hannibal", der zu einer ziemlich fruchtbaren Kontroverse über die Gewaltdarstellung in Mainstream-Hollywood Filmen führte und als erster FSK 18 Film in der ersten Woche seiner Laufzeit eine Million Fans in die Kinos lockte. Dass sich Tiger & Dragon nicht gegen dermaßen übermächtige Konkurrenten würde durchsetzen können, ist traurig, war aber abzusehen. Nicht umsonst wurde er in Deutschland nur von einer Zweigabteilung des Kinowelt Verleihs vertrieben und das zumeist auch nur in deren eigenen Kinos, den Arthaus Kinos.

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Ganz anders verhielt es sich da in den USA. Hier wurde der Film unsynchronisiert in Mandarin mit englischen Untertiteln am 8.12.2000 in nur 16 Kinos gestartet, schaffte aber auf diese Weise mehr als eindrucksvolle Einspielergebnisse, was den Verleih "Sony Pictures Classics", der sich mit der Filmfirma Columbia-Tri-Star im Rücken als ungleich größer darstellte als der deutsche Arthaus-Verleih, dazu animierte, die Kopienzahl zu erhöhen. Nach den Golden Globe Nominierungen wurde die Kopienzahl noch höher geschraubt und nach der Verleihung selbst ebenfalls. Zwischen den Golden Globes und der Bekanntgabe der Oscar Nominierungen hatte der Film seine absolute Hochzeit und lief in ca. 2000 Kinos. Auch nach der Oscarverleihung hielt sich der Film beständig in den Charts und wurde mit einem Einspielergebnis von insgesamt 128,067,808 Millionen Dollar zu der erfolgreichsten nicht englischsprachigen Produktion, die jemals in den USA gelaufen ist.

Doch nicht nur kommerziell wurde der Film zum Hit, auch in künstlerischer Hinsicht wurde er ein durchschlagender Erfolg. Die Kritikerstimmen zu Tiger & Dragon waren sehr positiv. Als Beispiele seien folgende Kritiken erwähnt:

Die Bild meinte, der Film sei "was fürs Hirn, was fürs Herz und die Seele - phänomenales Action Märchen made in China". Die DVD Vision bescheinigte dem Film "eine wunderschöne Mischung aus Peking Oper, Romanze und Action" und er sei ein "Martial-Arts-Epos, das in Ausführung und Ausstattung seinesgleichen sucht". Die Zeitschrift Hollywood bezeichnet den Film als "berauschende Kung-Fu Oper" und spricht von "großem, im besten Sinne transzendentalem Kino, in dem fernöstliche Philosophie mit westlicher Bodenhaftung einen genialen Pakt geschlossen hat". Die englische Zeitschrift Total Film meinte zu Tiger & Dragon folgendes: "With more action than all the Lethal Weapons combined and more heart-swelling humanity than The English Patient, Crouching Tiger manages to please all of the people, all of the time. Miss it and you're avoiding cinema at its very best." Der Film erschien am 5.1.2001 in England, woraufhin die Film Review feststellte, dass obwohl noch 360 Tage auf den Kinofan zukommen würden, "we may already have the film of the year" Ähnlich euphorisch sprach die Leipziger Volkszeitung von einem "Fest für die Sinne" und einem "Ang-Lee-Meisterstück". Die Cinema nahm in ihrer Kritik einen Punkt vorweg, der dem Filmerfolg in Deutschland im Wege gestanden haben könnte und der bereits erwähnt wurde: "Ang Lee hat ein philosophisches Melodram von wahrhaftiger Schönheit geschaffen. Nur wer asiatisches Kino noch nie mochte, wird hier das Ehrgefühl für Pathos und die Kampfkunst für Zirkusnummern halten."

Diese äußerst guten Kritiken und der große Zuschauerzuspruch sollten eine wahre Flut an Preisen auslösen. Erwähnt seien hier die "Golden Globes" 2001 für den besten fremdsprachigen Film und für Ang Lee als besten Regisseur. Auch bei den "Oscars" konnte sich Tiger & Dragon in den Sparten beste Kamera, beste Filmmusik, beste Ausstattung und beste nicht englischsprachige Produktion gegen Konkurrenten wie den "Gladiator" behaupten. Und auch im Heimatland des Eastern wurde die hohe Qualität von Tiger & Dragon mit mehreren Auszeichnungen beim "Hongkong Film Award" gewürdigt. Unter anderem erhielt Tiger & Dragon den Preis für den besten Film, den Regisseur, die Kameraarbeit und die Musik.

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Fazit

All die vorher aufgeführten Punkte sind verantwortlich dafür, dass sich Ang Lee seinen Traum von einem Martial Arts Film erfüllen konnte. Für ihn ist der Film "eine Art Traum von China. Von einem China, das so vielleicht nur in meinem Kinderfantasien in Taiwan existierte. Natürlich nährten sich meine Kindheitsvorstellungen hauptsächlich aus den Martial-Arts-Filmen, mit denen ich aufwuchs, und aus den Romanen voller Romantik und Tollkühnheit, die ich las, anstatt meine Schularbeiten zu machen. Dass diese beiden Arten des Träumens in einem Film verschmolzen, den ich tatsächlich in China machen durfte, halte ich für eine glückliche Ironie."

Somit versteht er seinen Film als Fluchtansatz für die heutige Gesellschaft in die Mystik vergangener Zeiten. Und er schuf einen der wenigen Martial-Arts-Filme, der ein weltweites Publikum begeistern konnte und eventuell auch einige, die für diese Art Film und seine Hintergründe normalerweise nichts übrig haben, für das Genre sensibilisierte.

Das Ergebnis ist ein in jeder Einstellung schlicht perfekter Film aus dem Wuxia Genre, der ihm zugleich Referenz erweist und es stringent erweitert, dabei aber immer ehrfürchtig mit den bereits bestehenden Regeln dieses Genres umgeht. Unterfüttert mit tollen Actioneinlagen, die selten intelligenter in einen Film eingebunden wurden, tragen sie doch das Seelenleben der Figuren nach außen, genialer Musik, brillanten Darstellern und mit viel Bedeutung aufgeladenen Bildern voll anmut und unvergleichlicher Schönheit gelang Ang Lee ein wirklich kongenialer Martial-Arts Film in dem zwei wunderschöne und tragische Liebesgeschichten zu einem packenden und intelligenten Ganzen verschmelzen. Einfach ein Jahrhundertfilm.
:liquid10:

Die DVD von Kinowelt ist mit einer FSK 12 uncut und kommt in nicht ganz optimaler Bild- und Tonqualität und leider nur wenigen Extras.

In diesem Sinne:
freeman

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DVD Tiger & Dragon

DVD Ride With The Devil

VHS Sinn und Sinnlichkeit

VHS Das Hochzeitsbankett

VHS Der Eissturm
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Beitrag von Vince » 14.08.2006, 00:59

:shock:
:shock:
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Ich glaub, ich muss meinen Titel "Analytiker" jetzt an dich abtreten...
Klassisches Drama... Katharsis... Wudang... Maoismus... Wuxia... Holy Crap of Jesus Lord höchstpersönlich!

Das Monster pack ich heut Abend net mehr, werde ich mir dann die Tage mal in aller Ruhe vornehmen... und den Film wollt ich eh bald mal wieder einlegen.

EDIT: Jetzt auch noch seitenlange Literaturangaben. Holymoly!

EDIT²: Da sind ja nicht nur Literaturangaben dazugekommen, sondern nochmal so nen langer Text... hatte mich eh schon gewundert, wo die Note ist.
Fürs Lesen braucht man ja ne Woche!

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Beitrag von freeman » 14.08.2006, 01:08

:lol: naja, ich denke mal, den Analytikertitel wirste schon noch behalten ... keine Angst. Bin ja noch Anfänger in den Breiten. Bin ja gespannt, ob irgendwer das wirklich liest LOL. Ich brauch fast 45 Minuten ... :lol:

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 14.08.2006, 01:12

freeman hat geschrieben:Ich brauch fast 45 Minuten ... :lol:
Ja, das kommt dem Probelesen einer Simpsonsstaffel-Rezension vom Aufwand her schon nahe. :lol:

Yeehaa... geh mal bei Badmovies anheuern. :lol:

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Beitrag von freeman » 14.08.2006, 01:17

Hab ich auch schon drüber nachgedacht, aber dazu isses zu wenig Kritik ... ;-)

Alleine das runterscrollen hier in dem Fred macht mein Modem fast fertig LOL

Nie wieder sowas langes, ich schwöre ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von daemonicus » 14.08.2006, 10:28

Ich bedien mich mal bei den Narren:

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Ich bin noch nicht ganz fertig, aber ich les das definitiv. Auch für mich ist der Film ein klarer :liquid10: und allein deswegen les ich mir alles durch. :D

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Beitrag von freeman » 14.08.2006, 14:05

Danke Daemonicus. Ein Feedback, wenn auch noch so klein, wäre wirklich schön. Aber lass dir Zeit ... is ja jenuch zum Lesen ... mein Modem qualmt schon wieder LOL

In diesem Sinne:
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Beitrag von Sir Jay » 14.08.2006, 14:15

ich muss zu meiner schande gestehen, den Film gar nicht komplett zu kennen.
Er kam mal auf pro7 und ich habe nebenher gechattet, und ab und zu aufm Bildschirm geschaut. Und da ich kein Freund des übertreiebenen Wire-Work-Kung-Fu bin, war ich nicht sonderlich begeistert von dem Film.
Aber ich gebe ihm nochmal eine Chance und werde ihn mir bei der nächsten Gelegenheit komplett reinziehen, allein wegen unserem Yun-Fat xD

Ich habe aber schonmal 3 Leute nach ihrer Meinung zum Film gefragt, und die meinten alle er hätte ihnen nicht gefallen. Fehlt denen nun der Sinn für diese Kunst, oder haben sie einfach nicht mehr alle tassen im schrank? xD
naja, schön dass ein chinesischer Film mal einen Oskar gewinnt.
Trotzdem schade, dass sich dadurch dér Name "Chow Yun-Fat" noch nicht so in die Köpfe der Leute eingebürgert hat.

irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass die Welt nur dann chinesen als Stars akzepteirt, wenn es sich bei denen um Kämpfer handelt.
Bruce Lee, Jackie Chan, Jet Li......das kennen ja noch die meisten, aber Chow yun-fat, Andy Lau, Tony Leung, das kennt dann nun keiner, und das nur weils keine Kung-Fu Männer sind xD

PS: was für ein Mörderteil, aber wieso hast du es auf 2 posts geteilt? Packt ein post nicht soviel text?

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 14.08.2006, 14:16

:shock: Wann ich das Review mal lese, weiss ich nich nicht ;)

...und denn Film sollte ich vielleicht auch mal kucken ;)
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Beitrag von freeman » 14.08.2006, 14:24

Das mit den HK Stars liegt hundertpro daran, dass wir eben mit Hongkong filmen fast immer nur Gekicke verbinden. Wer kennt schon Leute wie eben Wong Kar Wai oder Johnny To und Co. und könnte so behaupten auch anspruchsvolleres Zeuchs wie 2046 zu kennen ... Das ist eben dieses Schubladendenken. Aus den USA sind ja bei uns auch in der breiten Masse nur die wirklich bewusst vorhanden, die in riesigen Blockbustern mitspielen, weil die USA eben DER Lieferant für Popcornkino ist. Klischees, wir Menschen brauchen sie halt ;-)

Und jo, den Text musste ich teilen, weil Sense war vom Postplatz her ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von LivingDead » 14.08.2006, 14:25

Freeman, wie du es selbst bezeichnen würdest: Allmächt! :shock: :shock:

Aber der Film ist wirklich schön, ich glaube ich hatte damals so etwas zwischen 8 oder 9 Punkte vergeben, ist aber schon elendig lange her. Einer der Filme, die mir sowieso noch auf DVD fehlen.
Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Sir Jay » 14.08.2006, 14:45

und man darf nicht vergessen, dass Korea in letzter Zeit auch mit guten Filmen auffällt, wie Shiri, Memories of Murder oder Oldboy.

und HK-Streifen wie Infernal Affairs sollen ja auch noch ihr Hollywood Remake bekommen

das review werde ich erst dann lesen, wenn ich den film nochmal gesehen habe xD

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Beitrag von wolfman » 14.08.2006, 16:05

Also erstmal Respekt dafür! Ich werde mich die nächsten Tage (während der Arbeit) mal durch deine Ausführungen arbeiten, da der Film auch für mich ne ganz klare 10 ist. Hast du das speziell für hier verfasst, oder hast du das Teil mal für ne Arbeit oder ähnliches erstellt?
freeman hat geschrieben:Wer kennt schon Leute wie eben Wong Kar Wai oder Johnny To und Co. und könnte so behaupten auch anspruchsvolleres Zeuchs wie 2046 zu kennen ...
Meld! 8-)

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Beitrag von Vince » 14.08.2006, 16:53

Ich habe mir gerade die Zeit genommen. Halbe Stunde! :wink:

Ja, was soll ich sagen? Sa-gen-haft! Wir sprachen ja mal davon, dass das Asien-Kino in diesem Forum noch allzu unterrepräsentiert ist und viel stärker eingebunden werden muss, von den Wurzeln an. Das hier ist der Startschuss. Das wird in Zukunft das Gerüst sein, an dem sich alle Kritiken, die hier erscheinen, orientieren werden müssen. Von hier aus werden wir in zukunft operieren, wenn es darum geht, das asiatische Kino zu erschließen.

Ich weiß nicht, ob man die cineastischen und historischen Wurzeln eines Films noch tiefer packen kann, als du das hier gemacht hast. Was du da herausgezogen hast, lässt den eigentlichen Film beinahe schon winzig aussehen. Die Struktur vor allem zu Beginn (Geschichte - Vergleich mit klassischem Drama - Martial Arts - Wudang-Daoismus-Exkurs) ist hervorragend geworden. Du bewegst dich zwar meilenweit vom besprochenen Produkt weg, aber nicht ohne auf den roten Faden zu verzichten, der uns immer wieder zurückführt.

Im späteren Verlauf fand ich es allerhöchstens etwas schwierig, den Sprung zurück zu den direkten filmischen Kriterien zu finden - Schauspielerbeurteilung etc. Zuvor hast du dich am Fundament entlanggearbeitet und bist auf den Film an sich nur sporadisch und beispielhaft zurückgekommen, um einzelne Momente von ihm mit den gerade gebrachten Ausführungen zu verbinden. Dann der wohl unvermeidliche Bruch und die direkte Hinwendung zum Film. Nichtsdesttrotz fehlen auch hier erfreulicherweise nicht die Querverweise zu Ang Lees bisherigem Oeuvre, zur Geschichte des Martial Arts-Films etc.

Ich kann jedenfalls jedem hier nur empfehlen, sich wirklich mal die Zeit zu nehmen, dieses zugegeben auf den ersten Blick abschreckende Monstrum mal richtig intensiv durchzulesen. Der freeman hätte es verdient und es ist wirklich hochinteressant geworden. Danke dafür, und jetzt wird es wirklich nochmal Zeit, dass ich mir den Streifen (der von mir trotz allem "nur" 8/10 bekommen hat) mal wieder zu Gemüte führe.

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Beitrag von Sir Jay » 14.08.2006, 20:41

was meinst du eigentlich damit, dass dsa asia kino hier unterrepresentiert ist?
ich denke hier gibts genug Asia movie-Reviews, oder irre ich mich?

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Beitrag von John Woo » 14.08.2006, 21:28

BOAH! Das Review ist ja ... boah...ey freeman...wie lange hattest du dafür?

Auch ich mag den Film, hat mir zwar einige Längen, aber der ist schon was besonderes.

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Beitrag von Vince » 14.08.2006, 22:28

Sir Jay hat geschrieben:was meinst du eigentlich damit, dass dsa asia kino hier unterrepresentiert ist?
ich denke hier gibts genug Asia movie-Reviews, oder irre ich mich?
Na, bedenkt man, was da für das Forum noch zu holen ist, und bedenkt man vor allem den Beitrag, den das asiatische Kino für den Actionfilm geleistet hat, ist der asiatische Film schon unterrepräsentiert hier.

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Beitrag von kaiserfranz » 14.08.2006, 22:43

Was für ein Brett!!!!! :shock: Wie lange hast du daran gesessen? Wahnsinn! Hab's mal angelesen, werd's morgen aber weiterlesen. Bei den Review-Göttern, die hier umherwandern, traut man sich ja selbst kaum noch was einzustellen, weil' dagegen so knapp wirkt. :wink: So ein Ding in der Länge kann man aber auch nur verfassen, wenn man sich auf dem Gebiet (hier halt Asia Kino) sehr gut auskennt. Was du da an Hintergrundinfos reinpackst, ist wirklich stark.

Film habe ich am Abend nach den Oscars 2001 im Kino gesehen. Fand den auch ganz gut, obwohl ich eigentlich nicht so der Asia Fan bin.

Gruss
kaiserfranz
Oma, bist du noch rüstig?

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Beitrag von Vince » 14.08.2006, 22:59

kaiserfranz hat geschrieben: Bei den Review-Göttern, die hier umherwandern, traut man sich ja selbst kaum noch was einzustellen, weil' dagegen so knapp wirkt. :wink:
Sieh es mal so: Es gibt Leute, die mögen's kurz und knapp! Also fühle dich bloß nicht eingeschüchtert, weiterhin was online zu stellen. Ich bin immer sehr froh, wenn ich hier eine neue kaiserfranzkritik vorfinde. :wink:

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Beitrag von freeman » 15.08.2006, 00:30

Vielen Dank Vince und fetter Respekt fürs Lesen *lach*. Zu deinen Anmerkungen, deiner Kritik. Wie schon von jemand anderen gefragt, kann ich bestätigen, dass die Grundform dieses Dings eine Hausarbeit war, die ich allerdings nie weggelegt und immer weiterentwickelt habe. Selbige ist ungefähr doppelt so lang, wie der hier eingestellte Text und gehorcht den Regeln einer Filmanalyse nach Korte, was ich hier fast schon sklavisch abgearbeitet habe ;-). Nein, so fehlen zum Beispiel sehr viele Elemente der schematischen Darstellung des Filmes. So eine genaue (mit Minuten und Sekundenangaben versehene) Darstellung des gesamten Filmes und eine Sequenzgrafik, auf die sich die weitere Arbeit dann bezogen hat. Das wäre für das Forum aber zuviel des Guten gewesen, was es imo auch jetzt ist *lach* also vom Leseaufwand her.

Also habe ich den Rotstift kreisen lassen und eben ein zwei Punkte an unsere Reviews angeglichen. Beispielsweise verlangt eine Analyse nach Korte auch eine Darstellung des filmischen Ouevres der Darsteller. Das habe ich einfach rausgelassen (weil hier schon bekannt, dank unserer Seite) und eben an unseren Kritikteil angepasst. In einer echten analyse haben Begriffe wie: Tolles Spiel usw. nämlich an und für sich nichts zu suchen. Darüber sei der Bruch, der dir aufgefallen ist, erklärt. Normalerweise würden diese Abschnitte eben auch aussehen wie der Ang Lee Teil mit verschiedenen Querverweisen usw. Mag interessant klingen, war imo dann aber eben zuviel ...

Zu der Frage, wie lange ich daran gesessen habe ... kann ich nicht sagen. Mit Recherche vielleicht eine Woche, durch den Work in Progress Charakter allerdings viel mehr. Ist wirklich so, wenn ich den Film sehe, fallen mir meist Punkte auf, wo ich dann beginne nachzuforschen.

Also nochmal vielen Dank fürs Lesen Vince und die Rückmeldung! Und für all die anderen gilt: Diskussionen sind absolut erwünscht, helfen mir vielleicht auch weiter in meiner "Arbeit" an diesem Film ...

Speziell @ Kaiser: Ich lese deine "kurzen", dabei immer präzisen Dinger ebenfalls verflucht gerne. Die haben genauso eine Existenzberechtigung wie irgendwelche ellenlangen Kritiken. Also nur her mit dem Tage des Donners Teils ;-)

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Beitrag von Vince » 15.08.2006, 00:38

Mkay, das erklärt es natürlich teilweise. Aber nur, um das noch mal klarzustellen, es mindert die Quali des Textes in keinster Weise. Wirklich, wirklich mehr als lesenswert, und mir haben sich in Bezug auf den Film und das Genre im generellen durchaus neue Perspektiven eröffnet.
Also nochmal vielen Dank fürs Lesen Vince und die Rückmeldung!
Keine Ursache!

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Beitrag von Vince » 15.08.2006, 00:41

By the Way, so ein Analysedings mit Sequenzgrafik und so hab ich auch mal für Insomnia von Nolan anfertigen müssen...

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Beitrag von freeman » 15.08.2006, 00:41

Vince hat geschrieben:und mir haben sich in Bezug auf den Film und das Genre im generellen durchaus neue Perspektiven eröffnet.
Das ehrt und freut mich!

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Beitrag von kaiserfranz » 15.08.2006, 06:08

freeman hat geschrieben: Speziell @ Kaiser: Ich lese deine "kurzen", dabei immer präzisen Dinger ebenfalls verflucht gerne. Die haben genauso eine Existenzberechtigung wie irgendwelche ellenlangen Kritiken. Also nur her mit dem Tage des Donners Teils ;-)
Ups stimmt ja. Hab ich ja eigentlich schon längst versprochen. Wenn ich nicht immer so schreibfaul wäre. :wink: Wird aber definitiv in nächster Zeit noch kommen. :lol:

Ich könnte mit meinen Kurzkritiken ja bei der Vision anfangen. :lol: :wink: Den Filmkasten würde ich jedenfalls auch vollkriegen. :lol:

Gruss
kaiserfranz
Oma, bist du noch rüstig?

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