Alpha Dog

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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Alpha Dog

Beitrag von StS » 09.09.2007, 19:25

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Originaltitel: Alpha Dog
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: Nick Cassavetes
Darsteller: Emile Hirsh, Justin Timberlake, Anton Yelchin, Ben Foster, Bruce Willis, Sharon Stone, David Thornton, Shawn Hatosy, Amanda Seyfried, Dominique Swain, Harry Dean Stanton, ...

Trailer:
http://www.imdb.com/title/tt0426883/trailers


Mit „Alpha Dog“ rekonstruierte Regisseur und Drehbuchautor Nick Cassavetes ein wahres Verbrechen, das sich im August 2000 im kalifornischen San Fernando Valley ereignete. Erzählt wird die Geschichte des Drogendealers Jesse James Hollywood, dem man (gemeinsam mit vier Komplizen) die Entführung und Ermordung des 15-jährigen Nicholas Markowitz zur Last legt(e) – etwaige Namen und Details änderte man übrigens für die cineastische Aufarbeitung. Während die Mittäter relativ schnell ermittelt, verhaftet und verurteilt wurden, konnte sich Jesse erfolgreich außer Landes absetzen – so gelang es ihm, natürlich unfreiwillig und in dieser Hinsicht gewissermaßen passiv, mit 20 als einer der jüngsten Personen überhaupt die Spitze der „Most Wanted“-Liste des FBI zu erklimmen. Als das nun vorliegende Werk 2004 in Produktion ging, befand er sich noch immer auf der Flucht – und gerade deshalb gewährten die verantwortlichen Ermittler Cassavetes umfassende beratende Unterstützung sowie unfangreichen Zugang zu den Fallakten, um auf diese Weise, genährt von der damit verbundenen Medien-Berichterstattung, den Verdächtigen weiter unter Druck zu setzen. Die Taktik ging auf: Im März 2005 wurde Jesse in Brasilien aufgespürt, festgenommen und später an die USA ausgeliefert – sein Verfahren ist bis heute (2007) noch in der Schwebe. Gegen die Veröffentlichung des Films hatten seine Anwälte ebenfalls geklagt, da sie befürchteten, dass er die Geschworenen (in einem für sie und ihren Mandanten ungünstigen Sinne) negativ beeinflussen könnte. Dieses juristische Pochen auf die Persönlichkeitsrechte eines Straftäters erinnert einen natürlich sofort an die Kontroverse um Armin Meiwes und „Rohtenburg“ – aber zum Glück unterscheiden sich ja die amerikanischen Ansichten von denen hierzulande…

Johnny Truelove (Emile Hirsh), ein junger Mann an der Schwelle vom Teen zum Twen, lebt davon, in den begüterten Gegenden der oberen Mittelschicht, welcher er selbst entstammt, Drogen zu verkaufen. Er und seine Freunde, allen voran Frankie (Justin Timberlake), Elvis (Shawn Hatosy) und Tiko (Fernando Vargas), verbringen die Zeit zwischen den Geschäften hauptsächlich damit, Videogames zu zocken, Sex zu haben, wilde Partys zu feiern, dummes Zeug zu quatschen und/oder sich zuzudröhnen – kein schlechtes Leben an der sonnigen Ostküste der Vereinigten Staaten, das ist sicher. Eines Abends kommt es allerdings zu einem handfesten, folgenschweren Streit zwischen Johnny und einem seiner Kunden: Jake Mazursky (Ben Foster), ein rechtsradikaler, gewalttätiger Martial-Arts-Fan, der sich aufgrund seines permanenten Konsums ständig im Grenzbereich befindet, hat gerade einen eingefädelten Deal versaut und kann seine mehrere hundert Dollar betragenden Schulden dementsprechend nicht begleichen. Als Johnny ihm sowohl einen Aufschub als auch zusätzlichen Kredit verweigert, lässt sich der seinem Gegenüber körperlich überlegene Jake siegessicher auf ein Kräftemessen mit ihm ein – nur schaukelt sich die Situation fortan immer weiter hoch: Zuerst wird sich nur geprügelt, dann führt ein anonymer Hinweis dazu, dass der säumige Zahler seinen Job verliert, woraufhin dieser wutentbrannt die schicke (und vor allem teuere) Bude seines Widersachers zerlegt…

Johnny sieht sich nun unweigerlich dazu gezwungen, seine Machtposition zu behaupten, um vor seinem Umfeld nicht das Gesicht zu verlieren. Bei einer Fahrt durch die Nachbarschaft werden er und seine Kumpels per Zufall auf Zack (Anton Yelchin) aufmerksam – Jake´s Halbbruder, der sich kurz zuvor nach einem Streit mit seinen behütenden Eltern (Sharon Stone, David Thornton) aus deren Haus geschlichen hatte und sich nun einfach zur falschen Zeit am falschen Ort befindet. Spontan, also ohne einen konkreten Plan oder sich Gedanken über die Konsequenzen ihres Handelns zu machen, kidnappen sie ihn zwecks Druckmittel bzw Faustpfand. Während Jake nach dem Erfahren von dieser Tat ungezügelte Rache schwört, entwickelt sich die Entführung entlang eher unerwarteter Bahnen: Da man ja keinen persönlichen Gräuel gegen Zack hegt, nehmen die eigentlichen Verschlepper viel mehr den Part eines „Babysitters“ ein, die „Geisel“ selbst sieht die Situation im Grunde als eine Chance an, endlich mal einige Tage abseits der einengenden elterlichen Kontrolle zu verleben. Er genießt diese Zeit inmitten der in seinen Augen extrem coolen Clique in vollen Zügen – Hip-Hop, Rock, Drugs und Sex inklusive. Endlich fühlt er sich mal frei und akzeptiert – mit Aufpasser Frankie freundet er sich sogar an. Unbemerkt von den feiernden Kids spitzt sich die Lage allerdings kontinuierlich um sie herum zu: Inzwischen wurden die Cops eingeschaltet, die Ermittlungen laufen auf Hochtouren – nur Johnny bekommt das mit, worauf er verzweifelt versucht, die Lage irgendwie zu klären. Nur wie? Ihm fällt (leider) nur ein einziger Ausweg ein, die drohende Gefängnisstrafe zu umgehen: Der Junge muss spurlos verschwinden. Elvis, der „blinde Mitläufer“ der Gruppe, soll das erledigen. Johnny selbst klinkt sich an jener Stelle aus der Sache aus – in der Hoffnung, u.a. wohlmöglich mit Hilfe seines Dads (Bruce Willis) zumindest die eigene Haut noch retten zu können…

Unterlegt mit einer Variante des Songs „Over the Rainbow“, eröffnet „Alpha Dog“ in Gestalt einer Montage verschiedener (echter) Home-Video-Kindheitsaufnahmen der Hauptdarsteller, gefolgt von einer Aussage aus dem Munde Sonny Trueloves, Johnny´s Vater: „You wanna´ know what this is all about? You can say this is about Drugs or Guns or bad Decisions – whatever you like. But this whole Thing is about Parenting. And taking care of your Children.“ Ein klassischer Einstieg, der mit der Unschuld der Kindheit beginnt und unmittelbar danach einen extrem wichtigen Faktor der Persönlichkeitsentwicklung darlegt, welcher im Zuge all der Debatten über schädigende, zu Gewalt und Missbenehmen führende Einflüsse heutzutage oft vernachlässigt wird, nämlich die prägende Erziehung des Elternhauses. Es ist zweifellos schwer, sich auf die heutige Jugend einzustellen – alles verändert sich, der Reifeprozess setzt früher ein, die Abgründe zwischen den einzelnen Generationen werden immer breiter und tiefer, man versteht sich im Prinzip kaum noch, redet und lebt aneinander vorbei. Entweder überlassen Eltern ihre Kinder größtenteils sich selbst, weil sie sie schlichtweg nicht mehr verstehen – oder sie engen sie sehr stark ein, was zu ähnlich fatalen Folgen führen kann. Unsere Protagonisten hier leben in ihrer eigenen Welt, welche nur wenige Berührungspunkte zu jener der Erwachsenen besitzt – aus Langeweile und Übermut werden (moralische, gesetzliche etc) Grenzen überschritten.

Cassavetes lässt sich im ersten Akt viel Zeit, die eigentliche Geschichte anlaufen zu lassen – und das ist auch gut so, denn auf diese Weise werden wir, die Zuschauer, erst einmal ausgiebig mit dem betreffenden Milieu, den Charakteren sowie ihren Verhaltensausprägungen vertraut gemacht. Für einige mag dieser Ansatz etwas zusammenhangslos wirken, aber er ist der sozialkritischen Betrachtungsweise dienlich, da er die Geschehnisse erst einmal nahezu nüchtern aufzeigt – es ist wichtig, das Gesamtbild zu kennen, um später die Feinheiten umfassend zu verstehen. Drogen, egal ob nun Handel oder Konsum, stellen eine Form der Rebellion dar. Die Kids sind nicht in Ghettos aufgewachsen, sondern in teueren Bungalows ihrer vermögenden Erzeuger. Wie sagte es die aus einer vergleichbaren Umgebung stammende Allison (Anne Hathaway) so schön in „Havoc“? „We are Teenagers, and we’re bored – we are totally fucking bored…“ Ohne groß nachzudenken leben sie in den Tag hinein – aus ihrem Mangel an Verantwortungs- und Unrechtsbewusstsein resultieren ständig unüberlegte Entscheidungen. Was sie wollen, das tun sie bzw nehmen sie sich. Selbstverliebt existieren sie im Jetzt, verschwenden kaum Gedanken an die Zukunft, sehen sich als Gangster im Stile ihrer Vorbilder auf MTV – standesgemäß darf da ein an der Wand hängendes „Scarface“-Poster nicht fehlen. Als gereifter Außenstehender mag das alles fremd und gar albern wirken, da man sich mit dieser Subkultur-Form nur schwer zu identifizieren vermag – bloß ist dem Präsentierten eine bestimmte Authentizität definitiv nicht abzusprechen, was einen im nächsten Schritt zum ernsten Nachdenken anregt, besonders angesichts der Konsequenzen. Zum Glück injiziert Cassavetes eine subtile Dosis schwarzen Humors in sein Produkt, so dass der erhobene Zeigefinder nie aufdringlich in den Vordergrund rückt. Wer sich darauf einzulassen bereit ist und sich nicht an den heutigen Redensarten stört (u.a. fällt über 300 Mal das Wort „fuck“ im Verlauf), der erhält einen gelungenen Einblick in dieses verhältnismäßig fern anmutende Milieu.

Im zweiten Drittel löst sich der Blickwinkel zunehmend vom soziologischen Schwerpunkt hin zum persönlichen, indem die nun etablierten Figuren hervortreten und die Handlung tragen sowie vorantreiben. Zugleich baut sich eine stetige Spannung um sie herum auf, denn die sich anbahnende Tragödie beginnt langsam Form anzunehmen – nicht nur weil Text-Einblendungen diverse Personen als (durchnummerierte) Zeugen oder Verdächtige herausstellen. Die Entwicklung hin zum Verbrechen bildet fortan den Schwerpunkt: Alle Protagonisten haben die Bildfläche betreten, der Ausgang ist (zumindest grob) bekannt – aber das „Wie?“, „Wo?“, „Wann?“ und „Von wem?“ ist noch offen. Immer stärker löst sich die althergebrachte Opfer/Täter-Konstellation auf, eine freundschaftliche Bindung entsteht – und ich meine damit nicht das geläufige Stockholm-Syndrom. Frankie öffnet Zack die Türen zu den Kreisen, in welche er seit jeher mal einen Fuß bekommen wollte. Man kann problemlos nachvollziehen, warum er eigentlich gar nicht mehr zurück möchte. Der Schlussakt entfaltet sich schließlich jedoch relativ uneben, was ich persönlich sehr schade fand. Vor der Tat steigert sich die Suspense mustergültig immer weiter in die Höhe, besonders Frankie´s Beteiligung und emotionale Unsicherheit verleiht den betreffenden Momenten eine bedrückende Intensität – das Problem kristallisiert sich nach dem Verbrechen an sich heraus: Der Film läuft dann einfach zu lange weiter, fixiert sich zu sehr auf den vergleichsweise uninteressanten Johnny und wartet im Zuge dessen mit einigen auffällig unnötigen Szenen auf (allen voran ein freizügiges Motel-Geplänkel und ein Interview mit der Mutter des Opfers), welche die Geduld zu strapazieren anfangen, da man mit jeder fortschreitenden Minute stärker den Eindruck erhält, dass der passende Zeitpunkt für die Credits schlichtweg verpasst wurde.

„Alpha Dog“ wartet mit einer extrem ansprechenden Besetzung auf, welche etliche vielversprechende Talente der „nächsten Generation Hollywoods“ umfasst. In der Titelrolle, also als Johnny, dem Alphamännchen der Gruppe, ist der aus „the Girl next Door“ bekannte Emile Hirsh („Lords of Dogtown“) zu sehen: Grundsätzliche Bedenken, der Drang, sich behaupten zu müssen, und die Erkenntnis, dass er sich in etwas hineinmanövriert hat, dass außerhalb der Grenzen seiner überschaubaren Liga zu verorten ist, vermittelt er überzeugend – und dennoch hätte man sich irgendwie eine nachhaltigere Präsenz von ihm erhofft. Justin Timberlake („Edison“/„Black Snake Moan“) hingegen konnte nicht nur auf die am besten konzipierte Rolle des Werks zurückgreifen, sondern hinterlässt auch den einträglichsten Eindruck des gesamten Ensembles: Seinen ambivalenten (Schlüssel-) Part meistert er glaubwürdig sowie mit Bravour – je nach Kontext angemessen subtil, verunsichert oder voller Energie, verblüfft der ehemalige „*NSYNC“-Sänger und jetzige Solo-Megastar auch auf diesem Sektor und beweist anschaulich, dass ihm die Zukunft ebenso auf der großen Leinwand weit offen steht. Die Chemie zwischen ihm und Screen-Partner Anton Yelchin („Along came a Spider“/„Fierce People“) stimmt, der als Zack seinerseits absolut verlässlich agiert: Endlich mal fern von der Unterdrückung des Elternhauses, steht er dem Lebensstil der Clique wie ein Kind in einem Spielzeugladen gegenüber – seine Unschuld und dargebrachte Freude an der Freiheit verleiht der Tragödie zusätzliches Gewicht. Ben Foster („Hostage“/„X-Men 3“) verdient für seine kraftvolle Performance spezielle Erwähnung, da er als hoch aggressiver Junkie schon allein von seiner mitgenommenen physischen Erscheinung her glänzt – seine Randposition innerhalb der Story lässt die dargebotene Wucht allerdings überwiegend ungenutzt verpuffen. Darüber hinaus kann man noch folgende geläufige Jung-Mimen auf der Cast-Liste entdecken: Shawn Hatosy („11:14“), Vincent Kartheiser („Another Day in Paradise“), Jessica Alba´s Bruder Joshua („Unrest“), die süße Amanda Seyfried („Mean Girls“), Lukas Haas („Brick“) sowie „Mandy Lane“ höchstpersönlich, nämlich Amber Heard („North Country“). Einzig Dominique Swain („Lolita“) ging mir mit ihrem überzogenen Spiel auf die Nerven – vor allem da ich weiß, dass sie es im Grunde besser kann. Harry Dean Stanton („Wild at Heart“) ist ebenfalls mit von der Partie – und es gibt sogar noch zwei echte Größen der Traumfabrik zu sehen, nämlich Bruce Willis („Sin City“/„Armageddon“), der als Johnny´s Dad mehr oder minder nebenbei auftritt, und Sharon Stone („Basic Instinct“/„Bobby“), welche im Rahmen ihrer begrenzten Screen-Time eine rohe, emotionale Vorstellung als Zack´s Mom abliefert. Gegen Ende, als sie (später) zu den Vorfällen erneut interviewt wird, erscheint sie aber plötzlich in einem Fatsuit auf der Bildfläche, was in einer überflüssigen, „over the Top“ anmutenden Sequenz resultiert, auf die man hätte verzichten sollen…

In Sachen Schauspielerführung weist Nick Cassavetes („John Q“/„the Notebook“), übrigens Sohn der Film-Legende John („Gloria“), ein inspiriertes Händchen auf, bloß gelingt es ihm in keinem nötigen Maße, zwecks besserer Identifikation unter die Oberfläche der Figuren zu gelangen – ihre Schicksale, zumindest manche derer, sind einem zwar nicht egal, doch eine nachhaltige Wirkung, die über den Abspann hinaus andauert, lässt sich sträflich vermissen. Nichtsdestotrotz findet die Botschaft ihren Weg zum Publikum – nur halt ohne eine direkte persönliche Betroffenheit auszulösen. Gelegentlich fühlte ich mich an das Schaffen von Indie-Kollege Larry Clark erinnert, der sich im Jahre 2001 mit „Bully“ einem ähnlichen Thema bzw Fall widmete, bei dem es ebenfalls weniger um den Mord an sich, sondern in erster Linie um das Umfeld der Beteiligten ging – nur dass sich Nick vorliegend der Materie minder offensiv angenähert hat. Stattdessen traf er einige inhaltliche Entscheidungen, die ich weder als besonders originell noch unterm Strich förderlich erachte, allen voran die Integration einer Interview-Crew, welche in unregelmäßigen Abständen Zeugen und Angehörige zu Wort kommen lässt – in meinen Augen ein eher ablenkendes als involvierendes Vorgehen. Mit Ausnahme einer Hintergrundprojektion, wiederum im Schlussteil, wurde dieses True-Crime-Movie rundum handwerklich solide umgesetzt – Farbfilter-Nutzung und Split-Screen-Einstellungen inklusive. Ständig begegnen einem gefällig ins Rampenlicht gerückte lässige Typen und extrem hübsche, willige Chicks, der Bass-lastige Soundtrack lässt die Anlage pulsieren, Sex, Drogen und Gewalt gehören untrennbar mit dazu – nur an einer Stelle, einer Ménage à Trois im Pool, bei der Zack seine Unschuld an zwei Groupies verliert, übertreibt es Cassavetes ein Stück weit. Es sind unnütze Szenen wie diese, welche den Film zu sehr strecken – zumal man die Handlung ohnehin locker um eine Viertelstunde (oder so) hätte kürzen können. Die Erzeugung der diesen Personenkreis förmlich umhüllenden Atmosphäre ist jedenfalls gelungen: In ihrer Mitte scheint alles sorglos von statten zu gehen, während um sie herum die düsteren Wolken immer stärker an Kraft gewinnen – bis die nüchterne, harte Realität sie einholt und letzten Endes den (wie es scheint) unvermeintlichen Sturm ernten lässt…

Fazit: Unabhängig aller mit der Herangehensweise an den Stoff verbundenen Kontroversen, einigen inhaltlichen Schwächen und konzeptionellen Problemen, sehe ich „Alpha Dog“ im Zuge einer abschließenden Bewertung als ein recht stimmiges Werk über ein (besonders angesichts der Umstände) unbegreifliches, sinnloses Verbrechen an, das passabel zu unterhalten sowie einen moralischen Kern und einige wirklich gute Performances vorzuweisen vermag…

:liquid6:


Die deutsche DVD aus dem Hause "EuroVideo/TMG/Concorde" ist seit dem 5. September zu haben - ungeschnitten sowie mit einer "FSK 16"-Freigabe versehen.

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Bild Vince ist pööööse:

Die Oberflächenprobleme werden bereits durch Strukturschwächen evoziert, die verzogen wirken wie der Rahmen eines Autos nach einem schweren Unfall. Diese Entführungsgeschichte nach realem Hintergrund jongliert hilflos mit den einander entgegengesetzten Prinzipien des “Whodunit” und des “Howshecatchem”. Schon das Filmplakat erzählt im Grunde die ganze Geschichte, spoilert wenigstens soweit alles in Grund und Boden, dass man nicht gerade Monk heißen muss, um den Fall von selbst zu lösen. Und doch wird rund 90 Minuten lang auf einen Klimax hingearbeitet, der zugegebenermaßen schwer zu verdauen ist, aber letztendlich doch mit ziemlich billigen Mitteln Empathie erzeugt - schaut man sich mal den ziellosen Storyverlauf an, der letztlich zum einzigen Höhepunkt eines totalen Rohrkrepierers mutiert.

Dringen wir tiefer in die Geschichte ein, so ist die misslungene Synchronie der Erzählung nur unser geringstes Problem, stellt sie sich doch einfach als Symptom für die eigentlichen Achillessehnen des Tausendfüßlers “Alpha Dog” heraus. Ein Milieu soll nämlich seziert werden, der Werteverfall jugendlicher Spaßkultur zum Anliegen gemacht werden - eigentlich. Stattdessen wird jene Kultur bloß beiläufig skizziert, beliebig ein die Massen bewegendes Fallbeispiel herausgepult, das aber nicht imstande ist, Allgemeingültiges zu postulieren.
Offensichtlich ist hier auch der Wunsch Vater aller Gedanken, Klischees mit aller Macht aus dem Wege zu gehen. Ben Foster etwa ist damit beschäftigt, sich bei Drohungen so extrem die Stimmbänder aus dem Hals zu kotzen, dass nie ein Schauspieler jemals deutlicher fehlende Selbstkontrolle demonstriert hat, es sei denn, er hätte sich beim Bespucken des Telefonhörers vor lauter Aggression noch in die Hose geschissen - Foster gelingt es lediglich, auf den Teppich seines Feindes zu scheißen. Doch gerade dadurch wird man nur näher an die Klischees gepresst. Die Realität wird mit Hollywood’schen Hirngespinsten beleidigt, die traditionell davon leben, Reales dermaßen auf die Spitze zu treiben, dass eine konturierte, facettenarme Comichaftigkeit hervorquellt. Die Folge dessen ist die eindimensionale Darstellung und wird es immer sein.

Nun fehlen den im wahrsten Sinne des Wortes einmaligen Szenen, derer “Alpha Dog” viele beherbergt - allerdings kann man das “einmalig” definieren wie es einem beliebt - die Ausrufezeichen. “Welchen Preis hat ein Menschenleben?” - das ist zwar unübersehbar die Anklage. Zu Ende gedacht wird sie aber nicht. Viel lieber suhlt sich Nick Cassavetes in Absurditäten, die aus nichts weiter geboren werden als Kontrasten, die als aufregend empfunden werden sollen - und die genau deswegen gefährlich nahe an jene Ausstrahlung gelangen, die eigentlich verurteilt werden soll: die Coolness, abgefuckt zu sein. Schließlich fehlt auf Seiten der Protagonisten jegliche Selbstverantwortung. Warum also nicht meterhoch die Scheiße türmen und Medien wie elterlicher Vormundschaft die Alleinschuld geben. Leider wird diese Einstellung nicht nur dargestellt, sondern gleichermaßen vertreten.

Den Jungschauspielern fehlt es dabei offensichtlich an leitenden und begleitenden Führungskräften. Sie spielen weitestgehend ordentlich bis gut, aber vollkommen in die falsche Richtung, werden zur Übertragungsfläche für Dinge, die nicht an Ort und Stelle passen. Von den alten Haudegen Bruce Willis und Harry Dean Stanton darf keine Unterstützung erwartet werden, sie kreieren sich jenseits der eigentlichen Schauplätze ihre eigene kleine Welt und das Schicksal der Gruppe von Jugendlichen rauscht an ihnen vorbei wie der gesamte Film. Einzig Sharon Stone hat als verzweifelte Mutter ihre kleinen großen Momente, die aber mit ihrer letzten Szene niedergerissen werden, welche - der Maske und Ausleuchtung zum Dank - von einer grotesken Wirkung ist, wie sonst nur Parodien sie zu erschaffen imstande sind.

Dass ausgerechnet der Filmhöhepunkt seine Intensität einem dilettantischen Gepantsche mit dem Phänomen des Stockholm-Syndroms, dessen Einvernehmen von den Tätern gebrochen zu werden droht, verdankt, ist Zeugnis des Umstandes, dass in “Alpha Dog” zwar vieles läuft, aber alles falsch. Ein von der Wurzel an verdorbener Milieustreifen, formell ein Desaster und inhaltlich durch seinen fehlenden Positionsbezug den perspektivlosen Jugendlichen sogar noch ein Alibi gebend. Das Gegenteil sollte der Fall sein.
:liquid2:

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Beitrag von freeman » 10.09.2007, 17:47

Danke fürs feine Review Stefan. Der Film ist alleine schon wegen der starken Besetzung fest vorgemerkt ... da sind einige sehr junge Ausnahmetalente am Start und werden von guten Altstars flankiert. Sowas mag ich immer ... Rückmeldung zum Film wird sicher nicht lange auf sich warten lassen!

In diesem Sinne:
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Beitrag von StS » 10.09.2007, 18:35

Na, dann bin ich ja mal gespannt, wie Du das Hündchen so einschätzt... :wink:

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Beitrag von wolfman » 10.09.2007, 19:34

Steht auch auf meiner Liste! Aber erscheint die DVD nicht erst im Oktober?

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Beitrag von freeman » 10.09.2007, 19:39

jip, Verleih is aber schon raus ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von wolfman » 10.09.2007, 19:43

Verleih, Verleih, was interessiert mich der Verleih! Gehört eh abgeschafft das doofe Verleihfenster! :roll: :wink:

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 11.09.2007, 11:28

Auf meiner Liste steht der auch, allerdings noch relativ weit hinten ;)
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Beitrag von Vince » 04.04.2008, 12:53

Vince hat auch mal seine ganz ganz gemeine Kritik druntergesetzt...

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Beitrag von StS » 04.04.2008, 14:06

Buh! Vince ist wirklich pööööse - aber das hat er wenigstens selbst erkannt... :wink:

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Beitrag von SFI » 04.04.2008, 14:53

Ist für mich auch eine Nullnummer und letztendlich nur durch den Spulgang zu genießen!
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Beitrag von StS » 04.04.2008, 19:34

Ach, menno! :cry:

:wink:

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Beitrag von Vince » 04.04.2008, 19:56

Wobei ich ja sagen muss, dass ich höhere Noten bei dem Film zumindest nachvollziehen kann. Ich hab mir deine Kritik nochmal durchgelesen und verstehe zumindest, wie du zu deinen Schlüssen kommst. Ist ja auch nicht immer der Fall *Hust Hust... Half Past HUST HUST* :wink:

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Beitrag von Ed Hunter » 01.06.2009, 00:35

Mir hat er gefallen: Gute Darsteller, kaum Längen und v.a. stets atmosphärisch überzeugend.

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