Auch Marsmenschen haben Hunger

Schlimmer als Kickboxer Filme? Der wahre Abschaum des Films -> bitte keine Comicverfilmungen.
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Auch Marsmenschen haben Hunger

Beitrag von Vince » 12.04.2008, 16:37

Auch Marsmenschen haben Hunger

Bild

Originaltitel: Top of the Food Chain
Herstellungsland: Kanada
Erscheinungsjahr: 1999
Regie: John Paizs
Darsteller: Robert Bockstael, Lorry Ayers, Ron Gabriel, Bernard Behrens, James Allodi, Peter Donaldson, Fiona Loewi,Campbell Scott, Maggie Butterfield, Hardee T. Lineham, Tom Everett Scott, Nigel Bennett

Schlechten Geschmack zu beweisen ist ja nicht immer so einfach, wie es sich anhört. Immerhin muss man dazu originell sein - nur eben in die negative Richtung hinein. Peter Jackson hat ihn am Anfang seiner Karriere mit Inbrunst gezeigt und mit “Top of the Food Chain” erfährt “Bad Taste” seine thematische Wiederauferstehung. Der Homo Sapiens wird wieder seiner Ausnahmestellung als den Planeten beherrschendes Wesen beraubt und dazu braucht es niemand Geringeren als ein paar Aliens auf intergalaktischer Suche nach einem Planeten mit nahrhaftem Fleisch. Menschenfleisch schmeckt schließlich immer noch am besten. Steht so auch auf der Speisekarte bei “Orion Burger”.

In Sachen Produktionsqualität eher unspektakulär, beginnt der in der kanadischen Peripherie gedrehte Film recht schnell, sich auf seine Dialoge zu konzentrieren. Splatter und sonstige Special Effects sind noch einzig dem Foley Artist (Soundeffektler) aus der Postproduktion vorenthalten, der sich an matschigen Verwandlungssoundeffekten austoben darf, während man auf dem Bildschirm bloß ganz klassisch in die übersteigert entsetzten Gesichtsausdrücke der Opfer schaut.
Doch bei den Kleinstadtbewohnern spielt die Musik, und wenn die sich unterhalten, soll ihnen die Ironie aus jeder Pore brechen.

Das tut sie zunächst mal nicht.
Die Dialoge wirken seltsam entrückt und unpointiert. Ihre Präsentation ist mangelhaft, mit dem ausgearbeiteten Timing einer professionellen Komödie hat das noch nicht sehr viel zu tun.
Im Laufe der Zeit jedoch verwandelt sich die vermeintliche Schwäche in eine Stärke, denn hat man sich einmal an den unaufgeregten Stil gewöhnt, will man sich gar nicht mehr von ihm trennen.
Und dann funktionieren plötzlich auch die Gags; mit einer betuchten Lässigkeit (als hätte man es gar nicht nötig, irgendwen zu beeindrucken) werden mal eben Klischees von Kleinstadt- und 50er-Jahre-Invasionsfilmen destilliert und mit Bezügen zur hiesigen Geschichte des Genres abgeschmeckt, als wäre es ein Klacks. Locker-flockige Twists strecken sich durch die Handlung, mit denen gewisse Geheimnisse der verschiedenen Einwohner gelüftet werden. Und dann ist man endlich mitten im Flow eines spaßigen A-B-Movies (Alien-B-Movies), angetrieben durch A-B-Chicks, deren schwarz getönte Augen und sexueller Hunger gleichermaßen an “Species” wie an “Invasion der Bienenmädchen” erinnert.

Diese stilistische Bandbreite an Filmreferenzen zieht sich durch den kompletten Film. Man glaubt durch das Eintreffen des Outsiders (ein zuerst nervig-teilnahmsloser, mit zunehmender Zeit aber immer mehr rockender Campbell Scott als Atomwissenschaftler) in den kleinen Ort ein Revival von “Twin Peaks” zu erleben - und der Eindruck verstärkt sich mit der attraktiven Fiona Loewi, die nicht nur äußerlich an Twin Peaks’ Sherilyn Fenn (Audrey) erinnert, sondern auch deren Rollenfunktion als Love Interest bezüglich des Outsiders (dort Kyle MacLachlan) teilt. Dann wiederum ist man mitten im Backwoodtrash-Gerümpel, bevor es in ein Hüttenfinale geht, das einerseits nicht selten auf “Evil Dead” verweist, andererseits in vielerlei Hinsicht schon “Signs” vorwegnimmt. Und nebenbei wird noch das Technologiezeitalter, dessen aufkommende Dominanz in den 50er Jahren das Science Fiction-Genre bestimmte, auf feinste Weise parodiert. Dass man dazu lediglich eine Antenne und ein Jesuskreuz benötigt, darauf wären sonst nur die "Simpsons" oder "South Park" gekommen.

Zwischendurch immer wieder totale Kuriositäten, stets im Kleinen, Unauffälligen. Eine Frau, die grundlos einen Stein ins Fenster des Polizeiwagens wirft, eine Gummipuppe, die in der Badewanne sitzt oder ein Tischgebet vor dem Essen, das in eine schräge Kirchgesangsnummer ausartet, entwickeln allesamt ihre absonderliche Zugkraft.

Die chargierenden Darsteller sind dabei eine Wonne, pendelnd zwischen Minimalismus in Vollendung und zur Schau gestellter Dummheit. Tom Everett Scott (“American Werewolf in Paris”) ragt als Riesenblödmann aus dem Cast heraus, zeigt er doch das Talent, sein attraktives Gesicht mit totaler geistiger Leere konterkarieren zu können, in jeder Minute seiner Leinwandpräsenz eindrucksvoll auf. Aber auch Fiona Loewi glänzt mit Spielfreude und massenweise fragwürdigen Verhaltenstendenzen nicht nur in der Wahl ihrer Herzbuben.

Wo Abstriche zu machen sind, ist die Abteilung Schauwerte; wer in einem Film über menschenfressende Aliens ein Splatter- und Gorefest erwartet, unweigerlich genährt durch “Bad Taste”-Erfahrungen, sieht sich über weite Strecken getäuscht. Hier und da stößt mal jemand auf eine Blutlache, auch ein halber Torso hängt da mal an einem Haken, richtige Effektearbeit gibt’s aber erst im Finale, als die “Mondmenschen” (wie es in der Originalfassung entgegen des deutschen Titels “Auch Marsmenschen haben Hunger” heißt) sich in gar nicht mal so schlechter Effektearbeit onscreen verwandeln und dabei den FX-Spezialisten von “American Werewolf” offensichtlich Tribut zollen.
Auch in Sachen “Sex & Nudity” bleibt “Top of the Food Chain” einiges schuldig, zumal mit dem Thema immer wieder kokettiert wird. Wäre jedoch weniger darüber geredet und mehr gezeigt worden, hätte das Paket wunderbar abgerundet werden können.

So arrangiert man sich nun mit einem liebreizenden B-Movie, das zwar die entscheidenden Schauwerte vermissen lässt, sich aber anderweitig zu helfen weiß - sofern es einem gelingt, den besonnenen Sinn für Humor zu akzeptieren. Dann stünde man da und amüsierte sich gar königlich über den mittellosen, kauzigen kleinen Bruder von “Mars Attacks”.
:liquid6:

Deutsche Premiere war am 11.04.2008 auf Arte (Originalton mit dt. UT). Eine DVD ist hierzulande nicht in Sicht.

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Beitrag von daemonicus » 12.04.2008, 16:45

Hab leider nur das Ende gesehen, war aber recht amüsant.

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Beitrag von StS » 13.04.2008, 08:56

Hmmm, schade - hab ich verpasst. Danke für die Kritik, Vince! Hab noch in Erinnerung, dass der mal aufm FFF lief und ich beim Lesen des Programms dachte, der würde sich ja eigentlich gar nicht mal schlecht anhören. Nun ja - beim nächsten Mal dann, sofern mir der Ausstrahlungstermin dann bewusst ist... :wink:

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Beitrag von daemonicus » 13.04.2008, 10:04

Der wird imho noch zweimal wiederholt. Termine weiss ich leider nicht.

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Beitrag von StS » 13.04.2008, 10:32

Alles klar - danke! :D

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Beitrag von Vince » 13.04.2008, 18:44

Jup, wen die Wdh. interessieren:

Freitag, 18.04. 3:00 Uhr

Montag, 21.04. 3:00 Uhr

Bei beiden Terminen drauf achten, dass der Film nach Mitternacht anläuft, also in der Nacht von Do auf Fr bzw. in der Nacht von So auf Mo.

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Beitrag von freeman » 13.04.2008, 21:27

Dann is die Zeitangabe aber falsch, denn in TV Programmplanungen beginnt der neue Tach um 6:00 Uhr morgens ... just for info ;-)

Film werde ich mir gloobe nicht angucken. Trash rockt imo nur trashig, wenn er 8-10/10 oder 1-2/10 hat ... alles dazwischen hat immer ne kleene Macke ... imo ... aber mal gucken, was die TV Lust bringt ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 13.04.2008, 22:22

freeman hat geschrieben:Dann is die Zeitangabe aber falsch, denn in TV Programmplanungen beginnt der neue Tach um 6:00 Uhr morgens ... just for info ;-)
Was ich meinte war, dass es schon nach Mitternacht ist und dass sich das Datum damit auf den frühen Morgen des Tages bezieht und nicht auf den späten Abend. ;)
Film werde ich mir gloobe nicht angucken. Trash rockt imo nur trashig, wenn er 8-10/10 oder 1-2/10 hat ... alles dazwischen hat immer ne kleene Macke ... imo ... aber mal gucken, was die TV Lust bringt ...
Kannste ja net so pauschal sagen... du hast ja andere Wertungskriterien als ich, vielleicht ist der dir 8 wert. Vielleicht auch nicht, schwer zu sagen. Lässt sich nur auflösen, indem du ihn guckst!
In diesem Sinne:
Gucken!

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Beitrag von freeman » 13.04.2008, 22:23

Na mal guggen ... ;-)

In diesem Sinne:
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